Georgensgmünd (epd). Ein Anhänger der sogenannten Reichsbürger hat am Mittwoch in Bayern auf Polizisten geschossen und dabei vier Beamte verletzt, einen von ihnen lebensgefährlich. Wie die Polizei mitteilte, sollten Einsatzkräfte im fränkischen Georgensmünd bei Roth Waffen sicherstellen, nachdem dem 49-jährigen Jäger die entsprechende Genehmigung wegen Unzuverlässigkeit entzogen worden war. Der Mann schoss auf die Beamten und wurde selbst leicht verletzt festgenommen. Der Fall sorgt für eine neue Diskussion über den Umgang mit der undurchsichtigen Bewegung, deren Anhänger sich als Bürger des Deutschen Reiches verstehen und Behörden der Bundesrepublik nicht anerkennen.
Systematische Überprüfung
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) warnte davor, "Reichsbürger" als "Spinner" abzutun. Sie seien offensichtlich zu brutaler Gewalt fähig. Die "Reichsbürger" würden vom bayerischen Verfassungsschutz bereits seit längerem intensiv beobachtet, erklärte der Innenminister. Nun müsse man die Gefahr aber "höher einschätzen". Es solle nun systematisch überprüft werden, inwieweit unter den Anhängern der Bewegung Waffenbesitzer sind.
Das Bundesinnenministerium in Berlin äußerte sich zurückhaltender. Die Bundesregierung gehe davon aus, dass das extremistische Potenzial der "Reichsbürger" nicht besonders groß ist, sagte ein Sprecher des Ministeriums: "Bei aller Vorsicht gehen wir von einer niedrigen dreistelligen Zahl aus."
Dennoch sei der erneute Vorfall in Bayern ein Anlass zu prüfen, ob die bisherige Bewertung zutrifft. Die Bewegung sei heterogen und zersplittert. Es seien Extremisten und rechtsextreme Strömungen vertreten. Daneben gebe es aber viele Einzelpersonen, "die mit pseudojuristisch verbrämten Argumentationen absurde Thesen zum Fortbestehen des Deutschen Reichs vertreten, Fantasie-Papiere benutzen und sich gänzlich als außerhalb des deutschen Staatswesens verstehen", sagte der Sprecher.
Schon mehrere Vorfälle
Die Amadeu Antonio Stiftung kritisierte, dass die "Reichsbürger" lange Zeit unterschätzt worden seien. Sie seien als Spinner oder Querulanten abgetan worden, sagte Rechtsextremismus-Experte Jan Rathje der "Heilbronner Stimme" (Donnerstagsausgabe). Seiner Einschätzung nach sei die Bewegung aber sehr gefährlich. Rathje sagte, die Ideologie der "Reichsbürger" sei im Kern rechtsextrem, oft antisemitisch und gebietsrevisionistisch.
Die "Reichsbürger" leugnen die Existenz der Bundesregierung und erkennen vielfach Behörden und deren Entscheidungen nicht an. Sie behaupten, dass das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 noch existiert. Die Reichsideologie stützt sich auf rechtsextremes Gedankengut. Der Schütze aus Georgensgmünd hatte laut Landrat Herbert Eckstein (SPD) dem Landratsamt im August dieses Jahres geschrieben, dass er staatliche Stellen nicht mehr anerkenne.
Der aktuelle Fall in Franken ist nicht der erste Fall, bei dem durch einen "Reichsbürger" Polizisten verletzt wurden. Im August griff ein Mann in Sachsen-Anhalt Beamte an, die eine Zwangsräumung vollstrecken wollten. Zwei SEK-Kräfte wurden dabei leicht verletzt, einer ebenfalls durch eine Schusswaffe. Der Angreifer wurde selbst von einem Schuss getroffen und musste schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht werden.