Verständlich, wissenschaftlich präzise und sprachlich nah am Luthersound soll die neue Revision der Lutherbibel 2017 sein, die jetzt zur 500-Jahr-Feier der Reformation erschienen ist. Sie löst die zuletzt 1984 revidierte Lutherbibel als empfohlenen Bibeltext der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ab. Die erste vollständige Lutherbibel erschien 1534, die letzte noch von Martin Luther (1483-1546) selbst korrigierte Ausgabe 1545.
Die Änderungskriterien für die Revision 2017 sind: Genauigkeit gemessen am hebräischen beziehungsweise griechischen Urtext, Verständlichkeit im heutigen Sprachgebrauch, Rückkehr zur Luthersprache, wo unnötig modernisiert wurde. Außerdem wurden Ergänzungen und Begleittexte, die nicht zum überlieferten Bibeltext gehören, überarbeitet. Dazu gehören Zwischenüberschriften, Sacherklärungen und Landkarten.
Einige Beispiele:
Neues Testament, Evangelium nach Matthäus Kapitel 8, Vers 24
Lutherbibel 1545: Und siehe, da erhub sich ein groß Ungestüm im Meer, also daß auch das Schifflein mit Wellen bedeckt ward; und er schlief.
Lutherbibel 1984: Und siehe, da erhob sich ein gewaltiger Sturm auf dem See, sodass auch das Boot von Wellen zugedeckt wurde. Er aber schlief.
Lutherbibel 2017: Und siehe, da war ein großes Beben im Meer, sodass das Boot von den Wellen bedeckt wurde. Er aber schlief.
Grund: Genauigkeit. Der im griechischen Text verwendete Begriff "seismós" meint nach Auffassung der Übersetzer eher eine Erschütterung als ein bloßes Wetterphänomen. Daher sei der deutsche Ausdruck "Beben" genauer als "Sturm". In der Bearbeitung 1984 sei man wohl davon ausgegangen, dass der Charakter eines Seebebens für den Leser nicht nachvollziehbar wäre, heißt es in der Begründung der Deutschen Bibelgesellschaft. Der von Luther selbst verwendete Begriff "Ungestüm" dagegen sei heute kaum noch verständlich.
"Hebamme" statt "Wehmutter"
Altes Testament, 1. Buch Mose (Genesis), Kapitel 35, Vers 17
Lutherbibel 1545: Und es kam sie hart an über der Geburt. Da es ihr aber so sauer ward in der Geburt, sprach die Wehmutter zu ihr: Fürchte dich nicht, denn diesen Sohn wirst du auch haben.
Lutherbibel 1984: Da ihr aber die Geburt so schwer wurde, sprach die Wehmutter zu ihr: Fürchte dich nicht, denn auch diesmal wirst du einen Sohn haben.
Lutherbibel 2017: Da ihr aber die Geburt so schwer wurde, sprach die Hebamme zu ihr: Fürchte dich nicht, denn auch diesmal wirst du einen Sohn haben.
Grund: Verständlichkeit. Zur Zeit Luthers war der Begriff Wehmutter die gängige Bezeichnung für eine Geburtshelferin. Heute ist "Hebamme" gebräuchlich und damit verständlicher.
Neues Testament, Brief des Apostels Paulus an die Römer, Kapitel 10, Vers 10
Lutherbibel 1545: Denn so man von Herzen glaubet, so wird man gerecht, und so man mit dem Munde bekennet, so wird man selig.
Lutherbibel 1984: Denn wenn man von Herzen glaubt, so wird man gerecht; und wenn man mit dem Munde bekennt, so wird man gerettet.
Lutherbibel 2017: Denn wer mit dem Herzen glaubt, wird gerecht; und wer mit dem Munde bekennt, wird selig.
Grund: Luthersprache. Hier orientiert sich die Revision 2017 an der letzten von Luther selbst durchgesehenen Fassung von 1545. Denn mit der Rückbesinnung auf die Sprache Luthers, erklärt die Deutsche Bibelgesellschaft, gehe auch die Schärfung des theologischen Profils einher. Deshalb verwendet sie wieder für ihn zentrale theologische Begriffe wie "selig" und "Heiland", die zu einem festen Bestandteil der evangelisch-lutherischen Tradition geworden sind.
Neue Zwischenüberschriften
Überschriften bei Jeremia, Kapitel 6, Vers 1 (Altes Testament, Prophetenbücher)
Lutherbibel 1545: Babylonische Gefangenschaft und deren Ursachen
Lutherbibel 1984: Das wohlverdiente Gericht
Lutherbibel 2017: Unheil von Norden
Grund: Moralisierende Zwischenüberschrift. Die Überschrift "Das wohlverdiente Gericht" wurde 1964 eingefügt und enthalte eine moralische Wertung, die auch antijudaistisch verstanden werden könne. Die neue Überschrift soll allein den Inhalt beschreiben. In den überlieferten Bibeltexten gab es grundsätzlich keine Überschriften. Diese wurden von den jeweiligen Herausgebern als Lesehilfe eingefügt.
Nach Angaben der Deutschen Bibelgesellschaft weicht die Revision 2017 insgesamt in 44 Prozent der Verse von der Vorgängerversion ab, allerdings unterschiedlich stark. Ingesamt sei man bemüht gewesen, Änderungen nur behutsam vorzunehmen. Die größten Änderungen finden sich in den Apokryphen, den nicht offiziell in den biblischen Kanon aufgenommenen Schriften.