Kritik an sächsischen Behörden hält an
Nach dem Suizid des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr in der JVA Leipzig bleiben die sächsischen Behörden unter Druck. Am Freitag mehrten sich Stimmen, die einen Untersuchungsausschuss des sächsischen Landtages oder eine unabhängige Untersuchung von außen forderten.

Dresden/Berlin (epd). So mahnte etwa die Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, die Grünen-Politikerin Renate Künast, in der "Berliner Zeitung" (Freitagsausgabe) eine vollständige und unabhängige Aufklärung an.

Künast sagte: "Entweder man setzt eine unabhängige Untersuchungskommission ein - oder gleich einen Untersuchungsausschuss." Dass sich der terrorverdächtige Syrer Dschaber al-Bakr in der Leipziger Justizvollzugsanstalt habe umbringen können, sei "ungeheuerlich". Die Justiz habe eine "Fürsorgepflicht", fügte sie hinzu.

Lückenlos überwachen

Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, nannte es im RBB-Inforadio erschreckend, dass sich die sächsischen Behörden am Donnerstag nicht für die Fehlerkette im Zusammenhang mit Al-Bakr entschuldigt hätten. "Diese Fehlerkette schreit nach einem Untersuchungsausschuss im sächsischen Landtag", sagte Fechner. Jetzt müsse "alles auf den Tisch".

Auch der Kriminologe Christian Pfeiffer aus Hannover zeigte sich entsetzt über die Zustände in Polizei und Justiz in Sachsen. Die Vollzugsbeamten hätten den Mann in einer Zweierzelle zusammen mit einem arabisch sprechenden Untersuchungshäftling unterbringen oder ihn in der Zelle lückenlos überwachen müssen, sagte er der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse" (Freitagsausgabe).

Der in der Nacht zum Montag wegen Terrorverdachts festgenommene Al-Bakr hatte sich am Mittwochabend in seiner Gefängniszelle erhängt. Fragen zu seinen mutmaßlichen Terrorplänen und möglichen Hintermännern bleiben damit vermutlich offen. Al-Bakr, der in Chemnitz lebte, war in Leipzig festgenommen worden, nachdem Landsleute ihn in ihrer Wohnung überwältigt und die Polizei verständigt hatten. Er soll nach Erkenntnissen der Behörden einen Anschlag vorbereitet haben.

Suizidhäufigkeit zurückgegangen

Nach einem Zeitungsbericht ist die Zahl der Suizide in deutschen Gefängnissen in den vergangenen zwei Jahren gestiegen: Während die Bundesländer 2013 noch 48 Selbsttötungen in Justizvollzugsanstalten zählten, waren es im folgenden Jahr bereits 55 und im Jahr 2015 bundesweit 67 Fälle. Wie die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitagsausgaben) unter Berufung auf die Bundesarbeitsgruppe Suizidprävention im Justizvollzug berichteten, nahmen sich in den Jahren zwischen 2000 und 2015 insgesamt 1.189 Häftlinge das Leben. Das höchste Suizidrisiko besteht demnach in den ersten 14 Tagen einer Untersuchungshaft.

Generell sei die Suizidhäufigkeit im Verhältnis zur Zahl der Inhaftierten in den vergangenen Jahren allerdings zurückgegangen, sagte Katharina Bennefeld-Kersten, Leiterin der Bundesarbeitsgruppe, den Funke-Zeitungen. Ein Grund seien erfolgreiche Präventionsprogramme der Länder: "Die Bundesländer haben in den vergangenen Jahren viel in Suizid-Prävention im Justizvollzug investiert." Sachsen sei in diesem Punkt sogar Vorreiter.

Mit Blick auf den Suizid des terrorverdächtigen Syrers Dschaber Al-Bakr warnte Bennefeld-Kersten vor überzogenen Erwartungen an die Möglichkeiten, eine Selbsttötung zu verhindern: "Wenn jemand es darauf anlegt, dann schafft er es auch."