Hamburg (epd). Die Diskussion über handwerkliche Regeln im Journalismus sei wichtig und könne zu einer Selbstvergewisserung führen. Der öffentliche Diskurs dürfe "nicht so ins Rutschen kommen, dass jeder sich aus ein paar Fakten eigene Wirklichkeiten zusammensetzt".
Mascolo kritisierte, Journalisten seien manchmal zu voreilig mit ihrer Kritik: "Wir tun so, als hätten wir ein Ereignis schon in dem Moment, als es passiert ist, durchdrungen." Die Beschleunigung der medialen Verbreitung führe zu der Versuchung, stets sofort medial präsent zu sein. Er würde sich in Deutschland eine Medienkritik auf einem ähnlich hohen intellektuellen Niveau wie in den USA wünschen, sagte Mascolo. Er halte Ombudsredakteure, die den Austausch mit dem Publikum und die Selbstkritik in den Redaktionen pflegen, für eine gute Idee.
Arbeit mehr erklären
Auch der Medienkritiker Stefan Niggemeier sagte, Medien müssten häufiger darauf hinweisen, wenn sie falsch berichtet hätten. Dies geschehe noch zu langsam und zu wenig. Wichtig sei aber auch, dass Journalisten ihre Arbeit mehr erklären: "Das ist der einzige Weg zu mehr Glaubwürdigkeit und Vertrauen." Insgesamt forderte Niggemeier mehr Nüchternheit in den Medien. Wenn einer ständig "Alarm" rufe, glaube man ihm am Ende nicht mehr, wenn wirklich etwas passiert.
Der Chefredakteur des Evangelischen Pressedienstes, Thomas Schiller, sagte, angesichts der Verbreitung von Nachrichten in sozialen Medien hätten Agenturen eine neue Aufgabe bekommen. Sie müssten "nicht mehr unbedingt die schnellsten sein", sondern seien Pfadfinder im Nachrichtendschungel. Wichtig sei die Verlässlichkeit der Nachrichten, die sie verbreiteten.
Ein großer Verlust für den Journalismus wäre es, wenn weitere Lokalzeitungen eingestellt würden, sagte Schiller. "Wir brauchen die Infrastruktur im Lokalen, damit die Leute erleben, wie über Ereignisse in ihrer Nähe berichtet wird."
Keine abwertenden Begriffe verwenden
Der Chefredakteur der "Tagesschau", Kai Gniffke, sagte, Journalisten müssten überparteilich bleiben. "Wir müssen den Leuten nicht zu verstehen geben, dass wir Trump doof finden", sagte er, "wir müssen versuchen, die Komplexität so gut es geht zu erklären". Die "Tagesschau" bezeichne die AfD nicht mehr als "rechtspopulistische" Partei, weil das zu abwertend klinge. Wichtig sei eine respektvolle Auseinandersetzung. Die gesellschaftliche Spaltung dürfe nicht zu einer Fragmentierung des Medienmarkts führen.
Der Evangelische Medienkongress, der von der Evangelischen Kirche in Deutschland ausgerichtet wurde, beschäftigte sich am Mittwoch und Donnerstag mit dem Thema "Schein und Sein 4.0 - Mediale Strategien und Werte". An dem Kongress nahmen mehr als 300 Journalisten, Pfarrer, Fachleute und andere Interessierte teil.