De Maizière sieht Trendwende bei Bearbeitung von Asylanträgen
Schnellere Asylverfahren, kaum mehr Flüchtlinge ohne Asylantrag: Der Personalaufbau beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zeigt Erfolge. Innenminister de Maizière spricht von einer Trendwende.
12.10.2016
epd
Von Corinna Buschow (epd)

Berlin (epd). Chaos an Bahnhöfen, überforderte Ämter, notdürftige Unterkünfte in Zelten kurz vor dem Winter: Mit dem Flüchtlingsandrang vor einem Jahr stieß das deutsche Aufnahmesystem sichtbar an seine Grenzen. Besonders Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) geriet unter Druck, weil ihm die Lage zu entgleiten drohte. Am Mittwoch präsentierte er in Berlin die aktuellen Flüchtlingszahlen und die Entwicklungen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das für die Asylanträge zuständig ist. Er tat es sichtlich gut gelaunt. 213.000 neue Flüchtlinge kamen demnach bislang in diesem Jahr nach Deutschland - deutlich weniger als 2015 mit insgesamt 890.000. Das nimmt Druck.

Zudem kommt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit dem Abbau des Aktenbergs voran. De Maizière sprach von einer "Trendwende". Behördenleiter Frank-Jürgen Weise sagte, Asylverfahren dauerten aktuell im Durchschnitt nur noch anderthalb Monate. Viele Verfahren würden inzwischen innerhalb weniger Tage abgeschlossen. Für das Gesamtjahr 2016 gab er die durchschnittliche Bearbeitungszeit mit 2,1 Monaten an. Es sei gelungen, Ordnung und Steuerung in die Verfahren zu bekommen, sagte de Maizière.

60 Prozent bekommen Schutzstatus

Rechnet man die Verfahren aus dem Jahr 2015 dazu und die Wartezeiten von Flüchtlingen insbesondere im vergangenen Jahr, als die Behörde heillos überfordert mit den vielen Flüchtlingen war, liegt die durchschnittliche Bearbeitungsdauer der Verfahren deutlich höher. Denn das Bundesamt hat noch einen großen Berg abzuarbeiten. Allein rund 400.000 Menschen, die 2015 gekommen sind, konnten erst in diesem Jahr einen Antrag stellen. Die Antragszahl hat mit knapp 660.000 bis Ende September einen hohen Stand erreicht. Rund 460.000 davon waren Ende des vergangenen Monats entschieden. Dass die Zahl der Entscheidungen stark angestiegen ist, ist vor allem dem deutlichen Personalaufbau beim Bundesamt zu verdanken.

Etwa 60 Prozent der Betroffenen erhalten de Maizière zufolge derzeit einen Schutzstatus. Rund 197.000 Menschen wurden als Flüchtling nach der Genfer Konvention anerkannt. Etwa 89.000 Menschen erhielten den untergeordneten subsidiären Schutz, für den der Familiennachzug ausgesetzt wurde. Dazu kommen Menschen, für die ein Abschiebeverbot gilt. Vom Bundesamt abgelehnt wurden rund 110.000 Anträge. Viele erledigten sich anderweitig, indem beispielsweise eine anderer EU-Staat zuständig für die Bearbeitung war.

Gegen Ausweitung der Befugnisse der Geheimdienste

Bei der Präsentation der Asyldaten nahm de Maizière auch Stellung zur aktuellen Diskussion nach der Festnahme eines Terrorverdächtigen in Leipzig. Forderungen vor allem aus der CSU nach einer Ausweitung der Zugriffsmöglichkeiten der Geheimdienste auf Asyldaten erteilte er eine Absage. Er verwies auf das seit diesem Jahr geltende Gesetz für die Asyl-Kerndatenbank, bei der ein Austausch auch mit dem Bundesnachrichtendienst und dem Verfassungsschutz vorgesehen sei. Er sehe keine Regelungslücke, sagte er.

Angesprochen auf die drei Syrer, die den Terrorverdächtigen Dschaber Al-Bakr in Leipzig überwältigten und festhielten, holte der Innenminister auch seinen Dank an die Couragierten nach. Ihr Verhalten verdiene Lob und Anerkennung, sagte er. Dass er dies in einer ersten Stellungnahme vermissen ließ, war von Vertretern anderer Parteien zuvor kritisiert worden.

Inzwischen gibt es sogar Forderungen, den drei Syrern, die laut de Maizière bereits als Flüchtlinge anerkannt sind, das Bundesverdienstkreuz zu überreichen. Regierungssprecher Steffen Seibert wiederholte am Mittwoch den Dank von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an die drei, weil sie "möglicherweise großen Schaden abgewendet" hätten. Über Verdienstorden entscheide aber der Bundespräsident, sagte Seibert. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts erklärte, sollte das Außenministerium im Falle einer Prüfung eingebunden werden, weil es sich nicht um deutsche Staatsangehörige handelt, würde man das Ansinnen "wohlwollend" prüfen.