München, Tutzing (epd). Viele Menschen kommunizierten nur noch da, wo sie ihre eigene Meinung bestätigt bekommen, Fakten würden zunehmend uninteressant, sagte der frühere Bundestagspräsident am Montag im Münchner Presseclub. Mit dem Vorwurf an die Medien, "Lügenpresse" zu sein, rechtfertigten immer mehr Menschen ihren Glauben ans "eigene Echo". Das sei eine gefährliche Situation, betonte Thierse bei seiner Vorstellung als neuer Leiter des Politischen Clubs Tutzing.
Über Grenzen hinweg anerkannt
Der SPD-Politiker ist Nachfolger von Günther Beckstein (CSU), der das Amt fünf Jahre lang innehatte. Thierse ist damit der 16. Leiter des Politischen Clubs und - wie er betonte - der erste katholische, ostdeutsche Sozialdemokrat in diesem Amt. Thierses erste Tagung findet vom 11. bis 13. November statt und hat das Thema "Neue Regeln für den Welthandel? TTIP, Ceta und die Folgen". Die folgende Tagung im März 2017, also ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl, behandle das Thema "Krise der Parteiendemokratie", kündigte der 72-Jährige an. Im Sommer 2017 solle es dann um "Integration" gehen, als weiteres Thema schwebe ihm das Thema "Medien in der Vertrauenskrise" vor.
Der Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing, Udo Hahn, sagte, dass er sich auf die Zusammenarbeit mit Thierse freue. An den Leiter des Politischen Clubs gebe es zwei große Anforderungen: Zum einen müsse er über Parteigrenzen hinweg anerkannt und in den aktuellen gesellschaftlichen Debatten zu Hause sein. Zum anderen müsse er Kenntnisse über die Kirchen und ihr gesellschaftspolitisches Engagement haben. Thierse, der Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken ist, sagte, er habe großen Respekt vor den kirchlichen Akademien sowie von ihrer historischen und aktuellen Arbeit. Sie hätten viel zur Kommunikationskultur in Deutschland beigetragen.
Der Politische Club Tutzing der Evangelischen Akademie Tutzing wurde 1957 gegründet. Pro Jahr gibt es drei Wochenendtagungen zu aktuellen gesellschaftspolitischen Themen.