Bonn, Berlin (epd). Menschenrechtsorganisationen kritisieren katastrophale Arbeitsbedingungen in der indischen Schuh- und Lederproduktion. Die Beschäftigten von Zulieferfabriken europäischer Marken berichteten von Löhnen weit unter existenzsicherndem Niveau und von Gesundheitsschäden, erklärte Anton Pieper vom Südwind-Institut am Mittwoch in Bonn bei der Vorstellung einer neuen Studie.
Für die Untersuchung, die Südwind zusammen mit dem entwicklungspolitischen Netzwerk Inkota vorlegte, wurden Beschäftigte aus mehreren Schuh- und Lederfabriken in Indien befragt. Die meisten von ihnen waren den Angaben zufolge als Tagelöhner oder Akkordarbeiter im Einsatz, viele ohne Arbeitsvertrag und Sozialversicherung. Das Einkommen der Befragten lag laut Studie umgerechnet zwischen 20 und 161 Euro im Monat und damit deutlich unter einem existenzsichernden Lohn von über 250 Euro. In vielen Fabriken gab es auch keine Gewerkschaften.
Verletzungen sind an der Tagesordnung
Durch die Arbeit im Stehen beim Zuschneiden des Leders hätten etliche Beschäftigte Gelenkschmerzen, bei den Näherinnen seien Verletzungen an der Tagesordnung. Die beim Gerben verwendeten Chemikalien führten zu Übelkeit, Schwindel und Appetitlosigkeit. Für die Behandlungskosten bei Erkrankungen müssten die Arbeiter selbst aufkommen, da sie nicht versichert seien.
Südwind und Inkota forderten europäische Unternehmen dazu auf, sich für bessere soziale und ökologische Bedingungen in der Schuh- und Lederindustrie einzusetzen. Indien ist den Angaben zufolge nach China das Land mit der größten Schuhproduktion weltweit. Allein im Jahr 2015 kamen demnach mehr als 2,2 Milliarden Paar Schuhe, die meisten nach Europa, vor allem nach Deutschland, Großbritannien, Italien und Frankreich. Mehr als eine Million Menschen sind in der indischen Schuhindustrie beschäftigt.