Berlin (epd). Nicht "sicher", aber zumindest "stabil" sieht Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) die gesetzliche Rente. Sie kündigte am Dienstagabend nach dem zweiten Rentendialog-Treffen mit den Spitzen der Sozialverbände, Gewerkschaften und Arbeitgeber in den ARD-"Tagesthemen" eine "Haltelinie" zur Stabilisierung des Renteniveaus an.
Bei welchem Wert diese Haltelinie den Sinkflug des Rentenniveaus stoppen soll, sagte Nahles nicht. Das will sie im November in einem Gesamtkonzept zur Alterssicherung festlegen. Ihr Ziel aber ist klar. Sie will verhindern, dass das Vertrauen in die gesetzliche Rente weiter schwindet. Auch die junge Generation werde noch mit einer anständigen Rente rechnen können, sagte die Ministerin: "Ich halte das überhaupt nicht für ausgemacht, dass die Rente nicht bezahlbar ist. Im Gegenteil, wenn wir jetzt rechtzeitig handeln, können wir das hinkriegen." Das werde aber Geld kosten. Die Beiträge würden dann nicht bei 22 Prozent stehenbleiben, kündigte die SPD-Politikerin an.
Rentenbeitrag darf nicht über 22 Prozent steigen
Bis 2030 darf der Rentenbeitrag nicht über 22 Prozent des Bruttoeinkommens steigen und die Durchschnittsrente nach 45 Beitragsjahren nicht unter 43 Prozent des Durchschnittseinkommens sinken. Für die Zeit danach gibt es keine gesetzlichen Vorgaben, weil auch die Prognosen bisher nicht so weit reichten. Der neue Rentenbericht sagt aber nun für 2045 ein Rentenniveau von 41,6 Prozent bei einem Beitragssatz von 23,4 Prozent voraus. Gegenwärtig liegt das Sicherungsniveau bei 47,8 und der Beitrag bei 18,7 Prozent.
Änderungen soll es auch bei der betrieblichen Altersvorsorge geben. Sie soll zugunsten von Geringverdienern reformiert werden. Auf den Umfang der dafür notwendigen staatlichen Zuschüsse haben sich Nahles und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bereits verständigt. Nahles bekräftigte in den "Tagesthemen" außerdem, dass sie etwas gegen die drohende Altersarmut bei kleinen Solo-Selbstständigen tun und die Erwerbsminderungsrenten der gesundheitlich eingeschränkten Arbeitnehmer verbessern wolle.
Dabei geht es darum, ob rund drei Millionen Solo-Selbstständige, die nicht in berufsständischen Versorgungswerken für eine Rente sparen, in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden sollen. Zur CSU-Forderung, die Mütterrenten weiter zu erhöhen, sagte Nahles, die Kosten von 6,6 Milliarden Euro im Jahr könne die Rentenversicherung nicht bezahlen: "Das müsste dann aus Steuern aufgebracht werden. Das ist schon ein Riesenbatzen."
Allianz: Rente ist solide finanziert
Unterdessen kommen Ökonomen aus der Forschungsabteilung des Allianz-Versicherungskonzerns zu dem Ergebnis, dass die deutsche Rentenversicherung derzeit solide finanziert ist. Hauptgrund sei das steigende tatsächliche Renteneintrittsalter, heißt es in der Studie, die der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "Die Welt" (Mittwochsausgabe) vorliegt. Danach geben die Allianz-Forscher auf der Basis von Daten der EU-Kommission das tatsächliche Renteneintrittsalter bei Männern mit 65 Jahren und einem Monat und bei Frauen mit 64 Jahren und einem Monat an.
Die Deutsche Rentenversicherung geht hingegen auf der Basis ihrer eigenen Statistiken von einem niedrigeren tatsächlichen Renteneintrittsalter in Deutschland aus. Ihren Angaben zufolge gingen Männer im Jahr 2015 durchschnittlich mit 63 Jahren und neun Monaten in Rente, Frauen waren im Durchschnitt 64 Jahre und einen Monat alt. Zum Vergleich: Zwischen 2005 und 2010 gingen Männer im Durchschnitt zwei Jahre früher und Frauen drei Jahre früher in Rente.