2.10., ARD, 17.30 Uhr: "Gott und die Welt: Melanie - Ein Heimkind kämpft sich durch"
Autorin Alexia Späth beschreibt in ihrem Film, wie sich eine junge Frau ihren Weg in die Selbstständigkeit erarbeitet. Melanie ist 19, es ist Freitagabend, sie will Tanzen gehen, obwohl die laute Musik und die Annäherungsversuche der jungen Männer sie anstrengen. Aber dass sie überhaupt am Abend ausgeht, ist für sie schon ein Erfolg. Denn eigentlich hasst sie die Dunkelheit. Dann kommen die alten Ängste aus ihrer Kindheit hoch, aus der Zeit als Kleinkind im Kinderheim. Seit fünf Jahren wohnt Melanie im Antonia-Werr-Zentrum, einer heilpädagogischen Einrichtung der Oberzeller Franziskanerinnen für traumatisierte Mädchen, nicht weit von Würzburg entfernt. Mit 14 wurde sie von ihren Pflegeeltern, einem evangelischen Pfarrerehepaar, hierher gebracht: verstört, voller Wut, voller Trauer. Ihre Pflegeeltern mussten sich eingestehen, dass sie mit Melanie und ihrem jüngeren Bruder überfordert waren. Auch wenn sie nur das Beste wollten. Sie hatten die beiden aus einem Kinderheim geholt und wollten ihnen eine Familie geben - bei Melanies Vorgeschichte war das nicht möglich. Auch im Zentrum ändert sich zwei Jahre lang nicht viel: Melanie provoziert ihre Erzieherinnen, versucht wegzulaufen, in der Schule macht sie kaum Fortschritte. Die Erzieherinnen geben nicht auf. Nach etwa zwei Jahren beginnt Melanie, sich mit der Situation zu arrangieren und für sich zu kämpfen. Sie schafft einen Schulabschluss, kann eine Ausbildung als Hauwirtschafterin im Zentrum machen. Melanie genießt die Abgeschlossenheit der Einrichtung. Sie fühlt sich beschützt. Das Antonia-Werr-Zentrum wird ihr zu Hause, ihre Familie. Nun aber muss Melanie ausziehen, sie hat einen Job in Würzburg bekommen, doch sie hat Angst: vor der Stadt, vor den vielen Menschen, vor dem Alleinsein.
3.10., Vox, 20.15 Uhr: "Club der roten Bänder"
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
4.10., 3sat, 23.10 Uhr: "Anklage Massenmord"
Srebrenica, Ruanda, Syrien: immer wieder Kriegsverbrechen, Massenmord, sogar Völkermord. Die Überlebenden fordern Gerechtigkeit, die Täter werden nur selten verurteilt. Vor siebzig Jahren geschah dies zum ersten Mal, im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher des Zweiten Weltkriegs. Einer der letzten noch lebenden Zeitzeugen des Prozesses ist Siegfried Ramler, Kind aus einer Wiener jüdischen Familie, 1938 Flüchtling in einem Kindertransport nach London, nach Kriegsende Dolmetscher beim Nürnberger Prozess. Zum ersten Mal berichtet er über seine Erinnerungen an ein Tribunal, das Justizgeschichte geschrieben hat und juristische Normen für künftige Kriegsverbrecherprozesse setzte. Ohne Nürnberg gäbe es keine Erklärung der Menschenrechte, keine Gründung der UNO, kein Srebrenica- oder Ruanda-Tribunal und keinen ständigen internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, der seit 2002 die Prinzipien des Nürnberger Prozesses fortführt.
4.10., 3sat, 0.05 Uhr: "Hannah Arendt"
Filme über Figuren der Vergangenheit sind nur dann wirklich von Belang, wenn diese Persönlichkeiten einen Bezug zur Gegenwart haben. Hannah Arendt war eine der größten Denkerinnen des 20. Jahrhunderts, und Margarethe von Trottas filmisches Denkmal ist von bemerkenswerter handwerklicher Qualität; aber das war nicht anders zu erwarten. Herausragend wird die Hommage an die Philosophin jedoch, weil Arendts Haltung noch heute so vorbildlich und aktuell ist wie vor fünfzig Jahren, zu jener Zeit also, die der Film behandelt. Zunächst aber geht einem Hannah Arendt mit ihrer bedingungslosen Kompromisslosigkeit ziemlich auf die Nerven, und das war womöglich die brillanteste von vielen guten Ideen, die Trotta und Pamela Katz beim Verfassen des gemeinsamen Drehbuchs hatten: Wenn die Publizistin schließlich zwischen die Fronten gerät, ist man nicht deshalb auf ihrer Seite, weil man sie sympathisch findet, sondern weil sie Recht hat. Das Porträt konzentriert sich auf die erste Hälfte der Sechzigerjahre. Die Handlung beginnt mit der Entführung Adolf Eichmanns durch israelische Agenten. Arendt bietet sich dem Magazin The New Yorker als Berichterstatterin des Prozesses an und überrascht die Öffentlichkeit mit einer Artikelserie, die Eichmann nicht etwa als Monster beschreibt, sondern anhand seiner Person die seither vielzitierte "Banalität des Bösen" analysiert. Margarethe von Trotta ist bekannt für die ausgezeichnete Führung ihrer Darsteller, und mit Barbara Sukowa versteht sie sich vermutlich längst ohne Worte; "Hannah Arendt" ist nach unter anderem "Die bleierne Zeit" und "Rosa Luxemburg" bereits ihr sechster gemeinsamer Film. Und doch ist es ihnen gelungen, die Intensität nochmals zu steigern: Sukowa, so scheint es, verkörpert die Philosophin nicht, sie ist Hannah Arendt. Besser lässt sich eine schauspielerische Leistung kaum würdigen.
5.10., ARD, 20.15 Uhr: "Meine Schwestern"
Der zweifache Grimme-Preisträger Lars Kraume erzählt in "Meine Schwestern" die Geschichte eines angekündigten Todes; der Prolog nimmt das Ende der herzkranken Erzählerin Linda (Jördis Triebel) bereits vorweg. Der Rest ist Rückblende: Gemeinsam mit ihren Schwestern (Nina Kunzendorf, Lisa Hagmeister) fährt Linda erst an die Nordsee und dann nach Paris. Der Film lässt den Schauspielerinnen dank langer Einstellungen genügend Raum, um sich zu entfalten; und weil sich Geschwister verständigen können, ohne große Worte zu machen, wird auch mal geschwiegen. Natürlich schwebt Lindas bevorstehender Tod wie ein Damoklesschwert über den mal ausgelassenen, mal nachdenklichen Episoden, die Kraume geschickt miteinander verknüpft, aber die Stimmung ist trotzdem tendenziell heiter, weil Triebel die Frau mit einer großen spirituellen Kraft ausstattet. Obwohl Linda mehrmals zusammenbricht, strahlt sie eine tiefe Ruhe und Gelassenheit aus. In Paris schlägt die Stimmung jedoch um; Linda ahnt, dass es zu Ende geht. Trotzdem gelingt Kraume das Kunststück eines Films, der von einer Reise in den Tod erzählt und dennoch eine Ode an das Leben ist.
5.10., WDR Fernsehen, 22.55 Uhr: "Die story: Der geheime Deal"
Im Juni 2016 stellt die Landesregierung NRW eine Studie vor, in der die Rolle der Politik während des Contergan-Prozesses Ende der Sechzigerjahre untersucht wird. Während der Präsentation kommt es zu einer Konfrontation zwischen den eingeladenen Contergan-Überlebenden und dem Verfasser der Studie. Ein Jahr zuvor, im Sommer 2015, findet in der deutschen Botschaft in London ein vertrauliches Gespräch statt. Rechtsanwälte einer internationalen Kanzlei konfrontieren die angereiste Vertreterin des Bundesfamilienministeriums mit bisher unbekannten Unterlagen, die erst gerade in deutschen Archiven gefunden wurden. Und die sollen belegen, dass der Contergan-Prozess durch vertrauliche Vereinbarungen der Bundesregierung und Landesregierung NRW mit dem Contergan-Hersteller Grünenthal rechtswidrig beeinflusst worden ist. Die Quellen belegen zudem, dass der Contergan-Wirkstoff Thalidomid bis in die Siebziger Jahre verkauft worden ist. Gesprächsprotokolle und Vermerke dokumentieren einen anderen Verlauf des Skandals als den, der bis heute der Öffentlichkeit präsentiert worden ist. Während die Landesregierung die Akte Contergan mit einer Entschuldigung an die Opfer schließen will, machen diese sich auf zu einem neuen Kampf um eine gerechte Entschädigung.
5.10., WDR Fernsehen, 22.55 Uhr: "Was geht mich das an?"
Die Sendereihe "Was geht mich das an?" schlägt die Brücke vom Damals ins Jetzt, von historischen Lebenswegen und Ereignissen zu den Zuschauern von heute, die sich fragen: Wie würde ich heute handeln? Hätte die Geschichte auch anders verlaufen können? Würde ich schießen, wenn ich Grenzsoldat wäre? Wie weit gehen Gehorsam und Treue? In diesem Dilemma steckten tausende DDR-Grenzsoldaten, die tagein, tagaus verhindern sollten, dass Menschen in den Westen flohen - zur Not auch mit Waffengewalt. Der Film verdeutlicht diese Überlegungen anhand eines jungen Mannes in der DDR, Anfang 20; er will einen Studienplatz und leistet dafür Dienst als Grenzsoldat. Er hat große Träume, will etwas erreichen und arrangiert sich mit seinem Staat - immer in Angst, dass er im Namen des Sozialismus auf Flüchtende schießen muss. Solche Lebenswege entlang der deutsch-deutschen Grenze haben Geschichte geschrieben. "Was geht mich das an?" begibt sich auf die Suche nach der Entscheidung zwischen Leben und Tod, zwischen System und Desertation - alles aus der Perspektive eines DDR-Grenzsoldaten, der versuchte, das Richtige zu tun. Schauspieler Pit Bukowski verkörpert die Figur, die basierend auf historischen Dokumenten wie Tagebüchern, Biografien und Akten entwickelt wurde. Der fiktive Grenzer erzählt von Entscheidungen, die sein Leben verändert haben.
6.10., WDR Fernsehen, 22.40 Uhr: "Menschen hautnah: Sehnsucht Kind"
Janine und Torben sind 27 Jahre alt. Das Ehepaar verbindet eine große Liebe. Sie wünschen sich von ganzem Herzen ein Kind. Seit Jahren versucht Janine, schwanger zu werden, doch ohne Erfolg. Fast 20 Prozent aller Paare in Deutschland sind ungewollt kinderlos. Darüber reden will kaum einer. Es ist ein Tabu, das mussten auch Janine und Torben erfahren. Offenbar meinen viele Menschen, ungewollte Kinderlosigkeit sei ein Versäumnis von Paaren, die zu lange mit der Familienplanung gewartet haben. Doch Janine und Torben sind unter dreißig. Ihre Kinderlosigkeit hat körperliche Ursachen. Auf natürlichem Wege schwanger zu werden, ist für sie fast unmöglich. Das junge Ehepaar begibt sich in eine Kinderwunschbehandlung. Eine große Belastung für die Beziehung. Janine und Torben ordnen ihr Leben dem Kinderwunsch unter. Sie tun alles, damit Janine schwanger wird. Sämtliche Urlaubstage werden für die Arzttermine geopfert, alles dreht sich um die Behandlung. Janine schluckt Hormone, um möglichst viele Eizellen reifen zu lassen. Die Medikamente haben starke Nebenwirkungen. Oft kann Janine nur unter Schmerzen arbeiten. Aber für ein eigenes Kind würde sie alles geben. Florian Aigner das junge Ehepaar zwei Jahre lang durch alle Höhen und Tiefen begleitet. Als eine weitere künstliche Befruchtung fehlschlägt, fällt Janine in eine Depression. Sie fühlt sich als Frau minderwertig. Torben kann ihr nicht helfen. Eine schwere Prüfung für die junge Ehe.
An dem Schicksal der ungewollten Kinderlosigkeit zerbrechen viele Beziehungen. Wenn die Sehnsucht nach einem Kind unerfüllt bleibt, droht die Liebe zu scheitern.