Experte: Bei Crowdworking gilt oft "Friss oder stirb"
Online-Arbeit braucht nach Ansicht des Wirtschaftswissenschaftlers David Durward dringend eine Rechtsgrundlage. "Einige Vermittlungs-Plattformen profitieren davon, dass es keine einheitlichen, gesetzlich festgelegten Regeln für das Crowdworking gibt", sagte Durward dem Evangelischen Pressedienst (epd).
26.09.2016
epd
epd-Gespräch: Nora Frerichmann

Kassel (epd). So könnten die Plattformen unfaire Bedingungen diktieren. Der Wissenschaftler von der Universität Kassel forscht seit Jahren zum Thema digitale Arbeit.

Immer mehr Menschen arbeiten mittlerweile als sogenannte Crowdworker im Netz. Durward schätzt, dass es in Deutschland zwischen 500.000 und einer Million sind. Genaue Zahlen gebe es nicht. Bei der Arbeitsform lagern Firmen verschiedene Arten von Aufgaben an Selbstständige aus. Die Vermittlung läuft über Online-Plattformen.

Darunter gibt es sogenannte Mikrojobs. Die Auftragnehmer beschriften beispielsweise Artikel in Onlineshops, erzeugen Facebook-Likes oder recherchieren Adressen. Es werden aber auch größere Aufträge wie Designs oder Programmierarbeiten vermittelt.

Fehlender Kündigungsschutz

Vor allem bei Mikroarbeiten bleibe Auftragnehmern oft nichts anderes übrig, als unfaire Bedingungen zu akzeptieren, sagte der Forscher: "Da heißt es häufig: friss oder stirb." Dabei gehe es um eine Bezahlung von teilweise nur ein oder zwei Euro pro Stunde, fehlenden Kündigungsschutz und schlechte Chancen bei Meinungsverschiedenheiten: "Es darf nicht sein, dass ein Auftraggeber nicht zahlt, einfach weil ihm gewisse Sachen im Nachhinein nicht gefallen. So etwas ist jedoch immer noch möglich."

Deshalb müsse die Position der Auftragnehmer gestärkt und die "Asymmetrie der Macht" ausgeglichen werden, fordert Durward. In Deutschland stehe die Debatte um digitale Arbeit noch am Anfang. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales nehme den Bereich aber allmählich in den Blick.

Freiwillige Regeln erarbeitet

Die Crowdworking-Plattformen verstünden sich bisher nicht als Arbeitgeber, sagte Durward. Auftragnehmer seien als Solo-Selbstständige allein für sich verantwortlich. Mehr als die Hälfte der hauptberuflichen Crowdworker besitzen kaum eine Altersvorsorge. Zwischen Plattformen und Auftragnehmern gebe es aber ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis, sagte Durward.

Gewerkschaften wie ver.di und die IG Metall säßen bereits mit den Plattformen am Tisch und hätten mit einem "Code of Conduct" freiwillige Regeln erarbeitet, die faire Bezahlung, Sicherheit und Transparenz garantieren sollen. Unterzeichnet wurde der Verhaltenskodex bisher von den Crowdworking-Plattformen "Testbirds", "Clickworker" und "Streetspotr". "Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung", sagte Durward.