Bundeskabinett stimmt neuem Hartz-IV-Regelsatz zu
Arbeitsministerin Nahles weist Kritik am neuen Hartz-IV-Regelsatz von 409 Euro zurück. Die Methode zu dessen Berechnung sei vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich bestätigt worden.

Berlin (epd). Der Hartz-IV-Regelsatz soll im nächsten Jahr leicht steigen. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch eine Erhöhung um fünf Euro auf dann 409 Euro pro Monat. "Wir passen die Leistungen an das an, was Geringverdiener im Monat zur Verfügung haben und ausgeben", erklärte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) in Berlin. Das sichere das Nötige zum Leben. Die Grünen im Bundestag kritisierten die geplante Anhebung des Regelsatzes als zu niedrig.

Die Arbeitsministerin verteidigte die Neuberechnungen. Einen deutlichen Anstieg gebe es für Kinder im Alter von sechs bis 13 Jahren, die statt 270 Euro künftig 291 Euro erhalten sollen, sagte Nahles. Die neuen Sätze sollen ab dem 1. Januar gelten, müssen zuvor aber noch von Bundestag und Bundesrat bestätigt werden.

Kritik: Zimmerpflanzen seien notwendig

Kritik an den Berechnungen wies Nahles zurück. Die angewandte Methode sei vom Bundesverfassungsgericht 2014 grundsätzlich bestätigt worden, betonte die SPD-Politikerin. Kritikpunkte des Gerichts habe ihr Ministerium umgesetzt. Dies betreffe etwa Ausgaben für Mobilität, die nun berücksichtigt würden.

Nahles sagte, sie halte den berechneten Hartz-IV-Regelsatz "für angemessen und ausgewogen". Damit könnten sich die Bezieher der Sozialleistung am gesellschaftlichen Leben beteiligen.

Widerspruch erhielt die Arbeitsministerin aus der Opposition. Der Sprecher für Sozialpolitik der Bundestagsgrünen, Wolfgang Strengmann-Kuhn, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Ein Leben in Würde ist mit diesem kleingerechneten Regelsatz nicht möglich." Die Bundesregierung halte weder ein Girokonto für Jugendliche noch Zimmerpflanzen für notwendig. "Die Ausgaben für Gaststättenbesuche wurden ebenfalls gestrichen", kritisierte der Grünenpolitiker. Damit sei die Bundesregierung nicht bereit, Menschen mit geringen Einkommen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.

Auch Sozialverbände hatten den neuen Regelsatz für Erwachsene als zu gering kritisiert. Der Paritätische Wohlfahrtsverband forderte einen Satz in Höhe von 520 Euro, die Caritas von 464 Euro, die Diakonie sogar von 556 Euro.

Die Hartz-IV-Regelsätze müssen alle fünf Jahre neu berechnet werden, wenn die Ergebnisse der jeweils jüngsten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) vorliegen. Sie gelten für Langzeitarbeitslose und ihre Familien sowie für Sozialhilfe-Empfänger. Aus der EVS werden die Einkünfte und Ausgaben der unteren 15 Prozent (Singles) bis 20 Prozent (Familien) der Haushalte ermittelt. Auf Basis dieser Daten werden die Regelsätze berechnet. Die jüngste EVS stammt aus dem Jahr 2013. Insgesamt wurden laut Statistischem Bundesamt 60.000 Haushalte befragt.

Ehrenamts-Freibertrag für Asylbewerber

Mit dem Kabinettsbeschluss zum Hartz-IV-Regelsatz hat die Bundesregierung ebenfalls die Leistungen für Asylbewerber angepasst. Bei ihnen sollen Strom und Wohnungsinstandhaltung, die bislang von den bezogenen Geldleistungen bezahlt werden müssen, künftig als Sachleistungen erbracht werden. Der Leistungssatz sinkt damit für alleinstehende Asylbewerber von derzeit 354 auf 332 Euro, bei Paaren auf 299 Euro (318).

Zusätzlich eingeführt wird ein Ehrenamts-Freibetrag für Asylbewerber. Engagieren sie sich beispielsweise in Vereinen, dürfen sie künftig eine Pauschale von bis zu 200 Euro im Monat erhalten, ohne dass der Betrag auf die Sozialleistungen angerechnet wird.