BKA: "Islamischer Staat" will Flüchtlinge diskreditieren
Die Festnahme terrorverdächtiger Asylbewerber befeuert die Debatte um die Flüchtlingspolitik. Politiker und Kirchen weisen einen Generalverdacht gegen Flüchtlinge zurück.

Berlin (epd). Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte am Mittwoch "strikte Grenzkontrollen und klare Identitäten derjenigen, die zu uns ins Land kommen". Das Bundeskriminalamt warnte dagegen, mit einem Generalverdacht gegen Flüchtlinge Terroristen selbst auf den Leim zu gehen. Präsident Holger Münch sagte, Gruppen wie der "Islamische Staat" setzten dort an, wo man Angst in der Bevölkerung schüren könne.

Man müsse realisieren, dass der Weg der Flüchtlinge auch ein Weg des Terrors sei, sagte Münch im RBB-Inforadio. "Aber es ist nicht der Flüchtlingsstrom selbst, sondern es ist ein Ausnutzen des Flüchtlingsstroms", fügte er hinzu. Momentan führten die Behörden mehr als 60 Verfahren gegen Terrorverdächtige, in denen es einen Anfangsverdacht gebe. Darunter seien aber auch Hinweise auf Fälle, bei denen jemand lediglich ein verbotenes Symbol benutzt habe. "Es ist also nicht so, dass wir in allen Fällen davon ausgehen, dass das Schläfer sind", betonte Münch.

Herrmann: Personalien möglichst schnell prüfen

Die CSU fühlt sich indes in ihrer stetigen Kritik an den Entscheidungen vom vergangenen Jahr, als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Zehntausenden Flüchtlingen die Weiterreise nach Deutschland erlaubte, bestätigt. "Die eklatanten Kontrolllücken beim immensen Flüchtlingsstrom vor allem im Herbst letzten Jahres rächen sich", sagte Herrmann den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwochsausgaben).

"Wir wissen mittlerweile, dass auch der IS diese Sicherheitslücken gezielt genutzt hat, um Attentäter als Flüchtlinge getarnt nach Europa zu schleusen", sagte er. Der bayerische Minister forderte, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge müsse im Asylverfahren möglichst schnell und sorgfältig die Personalien aller bereits eingereisten Asylbewerber überprüfen.

Die Polizei hatte am Dienstag in Schleswig-Holstein drei mutmaßliche IS-Mitglieder festgenommen und damit nach Einschätzung des Bundesinnenministeriums eine mögliche terroristische Schläferzelle zerschlagen. Die Syrer im Alter von 17, 18 und 26 Jahren waren Ermittlungen der Bundesanwaltschaft zufolge im Auftrag des "Islamischen Staates" (IS) im November 2015 über die Balkanroute eingereist. Einzelheiten dazu würden von der Bundesanwaltschaft ermittelt, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Mittwoch in Berlin. Bis zu deren Ergebnis könne man dazu keine abschließende Einschätzung geben.

Grüne verweisen auf deutsche Gefährder

Schleswig-Holsteins Innenminister Stefan Studt (SPD) widersprach Herrmann. Gerade bei den wegen Terrorverdachts festgenommenen Syrern könne von Kontrolllücken keine Rede sein, sagte er im NDR Info Radio. Schließlich seien sie gerade deshalb dingfest gemacht worden, weil sie bei allen wichtigen Stellen registriert worden seien.

Auch der Bischof der evangelischen Nordkirche, Gerhard Ulrich, mahnte zu Zurückhaltung. "Es gibt keinen Grund, alle Flüchtlinge mit Terroristen gleichzusetzen", sagte er in Kiel. Auch die Grünen lehnten einen Generalverdacht ab und verwiesen auf die sogenannten Gefährder, die in Deutschland aufgewachsen und sich vom IS haben anwerben lassen. "Das sind deutsche Jungs, die Terror cool finden", sagte die Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic der "Frankfurter Rundschau" (Mittwochsausgabe). Das seien "echte Gefahren".