Düsseldorf (epd). Er werde noch im Oktober einen Gesetzentwurf vorlegen, um die Verurteilungen nach dem alten Strafrechtsparagrafen 175 aufzuheben, hieß es in einem Redemanuskript des Ministers, über das die in Düsseldorf erscheinende "Rheinische Post" (Dienstagsausgabe) berichtete. "Ich finde es unerträglich, dass die Betroffenen bis heute mit diesem Strafmakel leben müssen", erklärte Heiko Maas in einer Rede zur Eröffnung des 71. Deutschen Juristentags in Essen.
"Klarer Verstoß gegen die Menschenwürde"
Seit 1969 seien homosexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen zwar nicht mehr strafbar, aber die Urteile, die bis dahin ergangen seien, bestünden noch immer. Die verurteilten Männer hätten nichts gestohlen und nichts unterschlagen, sie hätten niemanden verletzt und niemanden betrogen, sie seien einzig und allein wegen ihrer sexuellen Identität verfolgt und bestraft worden, hieß es in dem Redemanuskript. "Aus heutiger Sicht war das ein klarer Verstoß gegen die Menschenwürde und damit verfassungswidrig", erklärte Maas den Angaben zufolge. "Ein Rechtsstaat sollte auch die Kraft haben, seine eigenen Fehler zu korrigieren."
Der frühere Paragraf 175 im Strafgesetzbuch galt seit der Kaiserzeit. In verschärfter Fassung bildete er die Grundlage für die Verfolgung und Ermordung Homosexueller in der NS-Zeit. In dieser Form bestand er noch in der Bundesrepublik fort und in veränderter Version auch in der DDR lange Zeit. Nach Angaben der Antidiskriminierungsstelle wurden auf dieser Grundlage in der Bundesrepublik bis 1969 rund 50.000 Männer verurteilt. Dann wurde der Paragraf entschärft, aber erst 1994 komplett abgeschafft. In der DDR, wo es weit weniger Verurteilungen gab, war das bereits 1968 der Fall.