Berlin (epd). Bei der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt kann Deutschland nach Einschätzung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) heute erfolgreicher sein als noch vor wenigen Jahren. Es bestehe Hoffnung, weil die Beschäftigungssituation insgesamt gut sei und viele Verbesserungen für die Integration gemacht worden seien, sagte OECD-Experte Thomas Liebig am Mittwoch bei der Vorstellung einer Erhebung von Daten aus dem Jahr 2014. Damals dauerte die Job-Integration sehr lang, Deutschland war in vielen Punkten Schlusslicht. Auch Jutta Cordt, Leiterin der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit in Berlin, geht heute von schnelleren Wegen in Arbeit aus.
Angebot an Sprachkursen ausgebaut
Der Studie zufolge dauerte es 2014 rund zehn Jahre, bis die Mehrheit der Flüchtlinge in Beschäftigung war. Bis zu 20 Jahre dauerte es, bis die Beschäftigungsquote bei Flüchtlingen das Niveau der Inländer erreicht hatte. Cordt, die laut Medienberichten zum Jahreswechsel die Leitung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge übernehmen soll, sagte am Mittwoch in Berlin, sie gehe davon aus, dass heute nach fünf bis sechs Jahren 50 Prozent der Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt integriert seien.
Neben der Beschäftigungssituation führt Liebig die Fortschritte bei der Sprachvermittlung ins Feld. 2014 war Deutschland seiner Erhebung zufolge Schlusslicht im europäischen Vergleich. Nur 40 Prozent der Flüchtlinge erreichten damals das fortgeschrittene Sprachniveau B1, das nach Liebigs Worten in der Regel ausreichend für eine Arbeitsstelle ist. Seitdem ist das Angebot an Sprachkursen nicht zuletzt durch den Andrang Asylsuchender im vergangenen Jahr ausgeweitet worden. Aktuell verließen rund 60 Prozent der Teilnehmer die Kurse mit Sprachkenntnissen auf diesem Niveau, sagte Liebig.
Cordt unterstrich bei einer Veranstaltung von Evangelischer und Katholischer Akademie in Berlin, dass die Bundesagentur versuche, Flüchtlinge möglichst früh in Kurse, Fortbildungen, Praktika und Jobs zu vermitteln. Als Leiterin der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg startete sie im Juli ein Pilotprojekt, bei dem Mitarbeiter der Agentur bereits ab Asylantragstellung eingebunden sind, um Qualifikationen zu erfassen und Angebote zu vermitteln.
Neue Hürden zu überwinden
Cordt sagte, die Motivation der Flüchtlinge sei sehr hoch. Auch über fehlendes Engagement der Arbeitgeber könne sie in Berlin und Brandenburg nicht klagen. Sie betonte aber auch, dass die Beschäftigung mit Flüchtlingen bislang unbekannte Hürden mit sich bringe. Arbeitgeber müssten bedenken, dass Zeitbudgets für Behördengänge nötig seien und die Aufgeschlossenheit gegenüber Flüchtlingen in den Belegschaften unterschiedlich sei.
Die überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge in der EU und in Deutschland sind laut OECD- und BA-Zahlen Männer. Dennoch mahnt Liebig an, besonderes Augenmerk auch auf die Beschäftigung von Frauen zu legen. Während 2014 die gesamte Beschäftigungsquote der Flüchtlinge der OECD-Studie zufolge bei 57 Prozent lag, waren nur 42 Prozent der geflüchteten Frauen in Jobs. Die Studie erstellten Experten der OECD und der EU-Kommission zusammen.