Berlin (epd). Bluttests zur Feststellung eines Down-Syndroms beim Ungeborenen könnten schon bald eine Kassenleistung werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen leitete am Donnerstag in Berlin ein Prüfverfahren ein zur Übernahme der Bluttests in den Leistungskatalog der Krankenkassen. Die Tests auf Trisomie 21, 18 und 13 sollen bei Risikoschwangerschaften eingesetzt werden. Behindertenverbände und eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten warnten aber, bei der begrenzten Anwendung werde es nicht bleiben.
Bei dem bis zu drei Jahre dauernden Prüfverfahren werden die Risiken und Nutzen der Bluttests mit zwei anderen Untersuchungen zur Feststellung von Behinderungen verglichen, der Fruchtwasseruntersuchung und der Biopsie der Plazenta. Der Vorsitzende des Bundesausschusses, Josef Hecken, versicherte, die ethische Brisanz der Tests sei dem Bundesausschuss bewusst. Man werde die Öffentlichkeit beteiligen und etwa auch eine Stellungnahme des Deutschen Ethikrats einholen. Sichergestellt werden soll dem Ausschuss zufolge auch, dass werdende Eltern vor einer Entscheidung über eine vorgeburtliche Untersuchung umfassend ausgeklärt werden.
Test vielfach im Einsatz
Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Peter Dabrock, sagte im Deutschlandfunk, die Befürchtung der Kritiker sei, mit dem Bluttest sinke die Schwelle, einen "TÜV auf Gesundheit" für das Ungeborene einzuführen. Er gehe davon aus, dass der Test vielfach gemacht werde, wenn die Krankenkassen ihn bezahlen. Es sei aber schwierig zu begründen, warum der einfachere Bluttest die Ausnahme bleiben solle, wenn andererseits risikoreichere vorgeburtliche Untersuchungen schon zugelassen seien. In jedem Fall müsse die Testung intensiv durch eine Beratung der werdenden Eltern begleitet werden, forderte Dabrock.
Trisomie 21 wird auch als Down-Syndrom bezeichnet. Die Kinder haben häufig Herzfehler und sind lernbehindert. Kinder mit Trisomie 18 oder 13 haben so schwere Behinderungen, dass sie in aller Regel bald nach der Geburt sterben. In Deutschland leben etwa 50.000 Menschen mit einem Down-Syndrom. Statistiken zufolge lassen inzwischen neun von zehn Frauen abtreiben, wenn sie von der Behinderung während der Schwangerschaft erfahren.
Die Lebenshilfe befürchtet, dass der Bluttest auf ein Down-Syndrom beim ungeborenen Kind zur Routine werden könnte. Die Bundesvorsitzende des Verbandes und Vizevorsitzende des Bundestags, Ulla Schmidt (SPD), forderte, der Test dürfe keinesfalls als Reihenuntersuchung angeboten werden. Er vermittele den Eindruck, ein perfektes Kind sei möglich. Das sei "ethisch hoch problematisch", erklärte Schmidt. Eine von den Krankenkassen finanzierte Routineuntersuchung, die gezielt nach Föten mit einer Behinderung suche und in aller Regel zur Abtreibung führe, stehe im Widerspruch zum Grundgesetz und zur Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen.
Gesellschaftliche Erwartung
Der Bluttest wird schon heute auf freiwilliger Basis angeboten und auf Antrag von den Kassen finanziert, wenn eine Risikoschwangerschaft gegeben ist. Der Konstanzer Hersteller wirbt damit, dass durch den Test risikoreichere Fruchtwasseruntersuchungen überflüssig werden.
Eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten aller Fraktionen erklärte indes in einem Offenen Brief an den Bundesausschuss, die Möglichkeit früh und risikoarm zu testen, könne die gesellschaftliche Erwartung erzeugen, diese Angebote nutzen zu müssen. Behindertenverbände hatten dem Ausschuss in vorgeworfen, das ethisch brisante Thema in der Sommerpause zu verhandeln und so die öffentliche Debatte umgehen zu wollen.