Extremismusforscher: Mittelfinger von Gabriel "ein Eigentor"
Der Extremismusforscher Eckhard Jesse hält das Zeigen des Mittelfingers durch Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD) gegenüber rechtsextremen Demonstranten für kontraproduktiv.

Frankfurt a.M. (epd). "Die Rechten werden behaupten: Nur weil wir nicht mit der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung zufrieden sind, werden wir beleidigt", sagte der emeritierte Professor der Universität Chemnitz am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Gabriel hatte am vergangenen Freitag bei einer Veranstaltung im niedersächsischen Salzgitter einer Gruppe von vermummten Rechten den Mittelfinger gezeigt, nachdem diese ihn bepöbelt hatten.

Im Affekt gehandelt

"Als Politiker hat er eine große Verantwortung und muss wissen, wie so etwas ankommt", sagte Jesse. Die Rechten instrumentalisierten solche Vorfälle gezielt. Schon im vergangenen Jahr habe sich Gabriel keinen Gefallen getan, als er rechte Gewalttäter als "Pack" bezeichnete hatte. "Im Konflikt mit Rechtsextremen braucht es klare Worte, man sollte sich aber nicht auf deren Niveau herablassen." Der Extremismusforscher bezeichnete Gabriels Verhalten als "Eigentor".

Zwar wünschten sich manche Menschen, "dass Politiker nicht so glatt sind", die politische Kultur werde dadurch aber nicht besser, sagte Jesse. Zu hoch bewerten wollte er den Vorfall aber nicht. Der SPD-Chef habe im Affekt gehandelt. Der Wissenschaftler geht davon aus, dass der Vorfall recht schnell vergessen wird. Allerdings könne er zur Bundestagswahl im kommenden Jahr wieder herausgekramt werden.

Von dem Vorfall war am Dienstag ein Video im Internet aufgetaucht. Darin ist zu sehen, wie Vermummte einen Auftritt Gabriels stören und ihn unter anderem als "Volksverräter" beschimpfen, der sein Land zerstöre. Zunächst winkt Gabriel mit einem Lächeln ab, zeigt den Vermummten aber nach weiteren Pöbeleien den Mittelfinger.