Frankfurt a.M. (epd). Zwar sei es wirklich wertzuschätzen, dass er verletzt weiterturnte, sagte Kleinert dem Evangelischen Pressedienst (epd). Man müsse es aber "jetzt nicht übertreiben". Sportler könnten für Außenstehende manchmal "heldenhafte Züge an sich haben. Sie sind aber noch lange keine Helden", so der Leiter des psychologischen Instituts der Deutschen Sporthochschule Köln. Es komme relativ häufig vor, dass Leistungssportler "trotz Verletzungen noch im akzeptablen Umfang weiter machen".
Es sei keine Leichtsinnigkeit, dass Toba in Rio de Janeiro trotz schwerer Knieverletzung noch an die nächste Übung gegangen ist, sagte Kleinert. Das Pauschenpferd sei ein Gerät, dass die Knie nicht belaste. Zudem habe Toba Mediziner und Physiotherapeuten um sich gehabt, die ihm den Einsatz freigegeben hätten. Leichtsinnig wäre es nur gewesen, wenn er "gegen die strikte Empfehlung der Ärzte agiert hätte".
Nichts zu tun mit Fairness
Toba war am Samstag beim Bodenturnen während der Qualifikation für das olympische Teamfinale gestürzt. Dabei riss er sich unter anderem das Kreuzband und den Innenmeniskus. Zur folgenden Übung am Pauschenpferd trat er dennoch an und sicherte seiner Mannschaft so den Einzug ins Finale.
Toba hatte nach dem Wettkampf in einem Interview mit dem ZDF erklärt, dass seine Teamkameraden für ihn "eine Familie" seien. Es wäre den anderen gegenüber nicht fair gewesen, wenn er zurückgezogen hätte. Das sieht Sportpsychologe Kleinert anders: "Mit Fairness hat das überhaupt nichts zu tun. Alle hätten verstanden, wenn er zurückzieht. Aber diese Hinweise auf die Familie zeigen ja nur, dass die Mannschaft für ihn sehr wichtig ist".
Dass nun Freizeit- oder Hobbysportler bei Verletzungen aus falschem Ehrgeiz auf die Zähne beißen, befürchtet Jens Kleinert nicht. "Da spricht dann im Normalfall der gesunde Menschenverstand dagegen."