Hannover, Berlin (epd). Das Urteil sei diskriminierend, sagte die Vorsitzende der Evangelischen Frauen in Deutschland, Susanne Kahl-Passoth, am Freitag in Hannover. Jedem Menschen sei seine Geschlechtlichkeit als Gabe geschenkt worden. "Intersexuelle sind doch keine Schöpfungspanne Gottes." Auch der Lesben- und Schwulenverband rügte die Entscheidung.
Gesetz geht nicht weit genug
Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hatte am Donnerstag geurteilt, dass nach dem Personenstandsgesetz im Geburtenregister nur das Geschlecht "Mann" und "Frau" festgelegt oder ganz auf eine Zuordnung verzichtet werden könne. Die von der Klägerin eingeforderte Bezeichnung "inter" oder "divers" sei nicht möglich (AZ: XII ZB 52/15).
Laut Lucie Veith, Vorstand des Bundesverbandes Intersexuelle Menschen, reicht die Erlaubnis nicht aus, die Eintragung "weiblich" oder "männlich" streichen zu dürfen. "Da bleibt dann eine Leerstelle, als hätten intersexuelle Menschen kein Geschlecht." Jeder Mensch habe ein Recht auf die Anerkennung der eigenen Geschlechtsidentität, betonte Veith.
Menschen in Schubladen
Der Sprecher des Lesben- und Schwulenverband (LSVD), Sandro Wiggerich, sagte am Freitag in Berlin, das Gericht halte mit seinem Beschluss unnötig an einem Modell der zwei Geschlechter fest. Menschen würden damit in die Schubladen "männlich" und "weiblich" gezwungen.
Die Politik müsse einen umfassenden Rahmen für Personen schaffen, die sich einem dritten Geschlecht zugehörig fühlten, sagte Wiggerich. Entsprechende Empfehlungen des Deutschen Ethikrates sollten vollständig umgesetzt werden.
Bei intersexuellen Menschen kann nach der Geburt das Geschlecht nicht eindeutig bestimmt werden. Die Ursache hierfür kann zum Beispiel im Vorhandensein von weiblichen und männlichen Geschlechtsorganen liegen. Laut LSVD leben in Deutschland schätzungsweise 100.000 Intersexuelle.