Bundeskabinett billigt Psychiatrie-Novelle und Geldspritze für die Krankenkassen
Psychisch kranke Menschen, die eigentlich in eine Klinik müssten, sollen in Zukunft auch zu Hause intensiv betreut werden können. Das Bundeskabinett hat eine Gesetzesnovelle von Gesundheitsminister Gröhe zur psychiatrischen Versorgung beschlossen.

Berlin (epd). Die Krankenkassen sollen im kommenden Jahr einmalig 1,5 Milliarden Euro aus der Reserve des Gesundheitsfonds zusätzlich erhalten, teilte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) mit. Mit dem Geld sollen zusätzliche Ausgaben für Flüchtlinge und Investitionen in die Telemedizin finanziert werden.

Die Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV-Spitzenverband), Doris Pfeiffer, begrüßte die Entscheidung, kritisierte aber, sie wirke nur kurzfristig. Die große Koalition habe durch ihre "kostspieligen Reformen der letzten Jahre" dafür gesorgt, dass die Zusatzbeiträge der Kassen trotz sehr guter Einnahmen weiter steigen müssten.

Mindestvorgaben zur Personalausstattung

In diesem Jahr liegen die Zusatzbeiträge im Durchschnitt bei 1,1 Prozent des Einkommens. Sie werden von den Versicherten allein getragen und kommen zum Arbeitnehmeranteil des allgemeinen Krankenkassenbeitrags von 14,6 Prozent hinzu, den sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen. Für das kommende Jahr rechnet der GKV-Spitzenverband mit einem Anstieg um bis zu 0,3 Prozentpunkte. Pfeiffer ließ offen, ob er durch die Finanzspritze im Wahljahr gebremst werden wird.

Mit der Psychiatrie-Novelle wird Gesundheitsminister Gröhe zufolge die Versorgung psychisch kranker Menschen und die Vergütung psychiatrischer Leistungen verbessert. Behandlungen mit hohem Aufwand würden künftig besser bezahlt als weniger aufwendige, erklärte Gröhe.

Der Gesetzentwurf knüpft die Vergütung der Kliniken außerdem an Mindestvorgaben zur Personalausstattung und eröffnet neue Möglichkeiten der Behandlung. Das Leistungsspektrum von Psychiatrien wird um "home treatment" erweitert: Psychisch kranke Menschen, die eigentlich in eine Klinik müssten, sollen in Zukunft auch zu Hause behandelt werden können.

Kliniken bekommen mehr Spielraum

Mit dem Gesetzentwurf wird zudem das pauschalierende Vergütungssystem verändert, das die Kliniken seit drei Jahren freiwillig anwenden können. Bisher werden Behandlungen mit hohem Aufwand nicht ausreichend vergütet. Union und SPD hatten sich deshalb im Koalitionsvertrag auf Korrekturen verständigt und im Februar Eckpunkte vorgestellt. Zu den Korrekturen gehört auch, dass die Kliniken mehr Spielraum bei den Budgetverhandlungen erhalten, damit Behandlungsschwerpunkte oder regionale Erfordernisse berücksichtigt werden können.