Forscher: Big Data kann Radikalisierung von Einzeltätern aufdecken
Radikalisierungsprozesse von Einzeltätern können nach Ansicht des Techniksoziologen Johannes Weyer durch die konsequente Nutzung von Big Data frühzeitig erkannt werden.
03.08.2016
epd
epd-Gespräch: Melanie Zakri

Dortmund (epd). "Wenn wir die rechtlichen Möglichkeiten hätten und es politisch wollten, dass wir alle diese Daten in einen großen Topf schmeißen, hätte man den Radikalisierungsprozess des Attentäters von Würzburg herausfinden können", sagte der Professor für Techniksoziologie an der TU Dortmund dem Evangelischen Pressedienst (epd). Denn der junge Mann habe vor dem Anschlag sein Verhalten geändert. Es stelle sich aber die Frage, ob man wolle, dass das Verhalten so engmaschig kontrolliert wird.

Der Dortmunder Wissenschaftler erforscht seit anderthalb Jahren die gesellschaftlichen Folgen von Big Data. Unter dem Begriff ist nach seinen Worten eine neue Form der Datenverarbeitung zu verstehen, bei der sehr große Datenmengen aus unterschiedlichen Quellen mit großer Geschwindigkeit verarbeitet werden. Weyers Forschung ist Teil des bundesweiten Projekts "ABIDA" ("Assessing Big Data"), das fächerübergreifend unter anderem Handlungsempfehlungen zum verantwortlichen Umgang mit Big Data für die Politik erarbeiten soll.

Viele sammeln im Moment nur

Big Data beginne bei jedem Einzelnen, betonte der Wissenschaftler. Als Beispiel führt er Fitnessarmbänder an, die zählen, wie viele Kalorien der Träger verbraucht und wie viele Schritte er geht. Ein weiteres Beispiel dafür, wie die Auswertung von großen Datenmengen das Verhalten von Menschen beeinflusst, seien Navigationsgeräte, sagte Weyer. "Das ist ein komplexes System mit Tausenden Teilnehmern: Bahnfahrern, Autofahrern, die alle Daten senden, die in Echtzeit verarbeitet werden." Dadurch bekomme jeder Handlungsempfehlungen: "Beispielsweise der Vorschlag des Navis, eine andere Straße zu wählen, wenn Stau ist."

Doch längst nicht alle Dienstleister nutzten die gesammelten Daten bereits so effektiv. "Viele Firmen sammeln erst einmal Daten, weil sie denken, dass dieser Schatz eines Tages etwas wert sein wird", sagte Weyer. Allgemein herrsche noch große Unklarheit, was mit den Daten gemacht werden solle. "Die Möglichkeiten und Verheißungen von Big Data sind unendlich", betonte der Forscher. Die Frage sei aber, wie man verantwortungsvoll mit den neuen Möglichkeiten umgehe. Insbesondere seien Konzepte gefordert, um Datenmissbrauch durch Firmen zu verhindern.