Er steht für eine endlose Reihe verfolgter und ermordeter Christen, darunter allein 4.000 Geistliche aller Konfessionen, die von den Nazis umgebracht worden sind. Die Art, wie er starb, ist allerdings einzigartig: Pater Maximilian Kolbe ging im Alter von 47 Jahren im KZ Auschwitz für einen jungen Familienvater in den Tod. Vor 75 Jahren, am 14. August, wurde er mit einer Giftspritze getötet. Die katholische Kirche verehrt ihn heute als einen der wichtigsten Märtyrer des 20. Jahrhunderts.
Kolbe wird Ende Mai 1941 nach Auschwitz überführt, muss dort den Kies für die Krematoriumsmauer herankarren, Baumstämme schlagen, Leichen auf Schubkarren laden und zu den Verbrennungsöfen fahren. Im Sommer 1941 gelingt einem Häftling seines Blocks beim Ernteeinsatz offenbar die Flucht. Für ihn sollen zehn seiner Blockkameraden im "Todesbunker" sterben - was bedeutete, durch Verhungern und Verdursten. Die zehn Todeskandidaten sucht sich der Lagerführer Karl Fritsch quälend langsam aus der erstarrten Menge heraus.
Einer von ihnen, der polnische Infanteriesergeant Franciszek Gajowniczek, stößt mitten in die Totenstille hinein einen fürchterlichen Schrei aus. Er weint um seine Frau und die beiden Kinder, die er nie wiedersehen wird. Da schiebt sich eine Gestalt durch die Reihen der Häftlinge, tritt vor den Lagerführer und beginnt in eindringlichen Worten mit ihm zu verhandeln. Es ist ein unerhörter Vorgang.
Das Wort "unmöglich" kam nicht vor
"Ich möchte anstelle eines dieser Menschen sterben", sagt Pater Kolbe Zeitzeugenberichten zufolge zum Lagerführer. Der kann zunächst nur fassungslos erwidern: "Was will das Polenschwein?" - "Ich bin katholischer Priester, ich möchte für den da sterben", wiederholt Kolbe und deutet auf Gajowniczek. "Ich bin alt und allein, und er hat Frau und Kinder."
Für die Augenzeugen ist es heute noch ein Rätsel, dass sich der Kommandant auf das Angebot des Priesters eingelassen hat. Kolbe geht mit den anderen in den "Todesbunker". Am 14. August 1941 tötet der Lagerarzt mit einer Phenolspritze die vier Häftlinge, die zu dem Zeitpunkt noch leben - unter ihnen Maximilian Kolbe.
Zur Welt gekommen war er am 7. Januar 1894 in Zdunska Wola nahe des polnischen Lodz. Mit anderen Franziskanern gründete der Marienverehrer die religiöse Gemeinschaft "Miliz der Unbefleckten".
Das Wort "unmöglich" kam in diesem Leben nicht vor: Im April 1930 traf Pater Maximilian mit vier Mitbrüdern in Nagasaki ein, um eine japanische Ordensniederlassung zu gründen und seine von polnischer Marienfrömmigkeit geprägte Zeitschrift in Japan zu vertreiben. Keiner wusste viel über die Mentalität der Japaner, noch beherrschte einer die fremde Sprache.
Aber exakt einen Monat nach der Ankunft kabelte er heim nach Polen: "Versenden heute erste Nummer. Haben Druckerei. Hoch die Unbefleckte Jungfrau! - Maximilian." Solche Episoden waren typisch für den etwas schwärmerischen Franziskaner, der im Ordensseminar den geringschätzigen Spitznamen "die fromme Marmelade" erhielt und dabei mit Zähigkeit und Organisationstalent ein großes katholisches Presse-Imperium aus dem Boden stampfte.
Kolbe war zum einen der asketische Mönch, der sich bedingungslos der Gottesmutter verschrieben hatte. Alle Aktivitäten verstand er als Eroberungsfeldzug für seine "Mamusia", wie er die Madonna nannte. Aber derselbe Maximilian Kolbe erwies sich als Organisationsgenie und gewiefter Geschäftsmann: Zu einer Zeit, als die Massenmedien den meisten Kirchenleuten noch fremd und bedrohlich erschienen, vereinnahmte er sie bereits für seine Ziele.
Franciszek Gajowniczek wurde 93 Jahre alt
Die ersten Nummern der von ihm gegründeten Zeitschrift "Ritter der Unbefleckten" schrieb er ganz allein, das Geld für den Druck bettelt er an den Haustüren zusammen. Als eine alte Druckerpresse angeschafft werden konnte, standen Pater Kolbe und zwei Mitbrüder Tag und Nacht an der Maschine. 15 Jahre später wurde eine Million Exemplare vertrieben.
Um die Produktion seiner verschiedenen Blätter besser organisieren zu können, gründet Kolbe 1927 eine Barackensiedlung mit dem stolzen Namen Niepokalanów, Stadt der Unbefleckten. Zehn Jahre später war daraus tatsächlich eine Stadt geworden mit Werkstätten, Schulen und einem Krankenhaus, eine Stadt, in der 700 Kleriker und Seminaristen wohnen. Ein Elektrizitätswerk gehörte dazu und eine selbst gebaute Schmalspurbahn, um die Zeitschriftenpakete zum nächsten Bahnhof befördern zu können. Der kritische Kurs seiner Zeitungen war es denn schließlich auch, der die Aufmerksamkeit der deutschen Besatzer auf den Priester gelenkt hatte.
Am 10. Oktober 1982 sprach sein polnischer Landsmann Papst Johannes Paul II. den Franziskanerpater Kolbe heilig. Franciszek Gajowniczek wurde 93 Jahre alt und starb 1995 im polnischen Brzeg.