Freiburg, Stuttgart (epd). Angesichts der angespannten Sicherheitslage nach den jüngsten Anschlägen erhöhen auch die Kirchen ihre Wachsamkeit. Allerdings müssten die Sicherheitsmaßnahmen trotz aller Gefährdungen angemessen bleiben, sagte der Geschäftsführer der Berliner Domverwaltung, Lars-Gunnar Ziel, am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage. Aus einer Kirche könne und solle keine Festung gemacht werden.
In den einzelnen Bundesländern reagiert man unterschiedlich auf mögliche Bedrohungen, etwa durch Terroristen. So hält der Berliner Dom seine erhöhten Sicherheitsvorkehrungen aufrecht. Die Sicherheitsmaßnahmen seien bereits nach den verheerenden Terroranschlägen von Paris im November 2015 hochgefahren worden, sagte Ziel. Diese bestünden seither unverändert fort, auch nachdem am Dienstag zwei mutmaßlich islamistische Attentäter in einer katholischen Kirche in Nordfrankreich einen über 80 Jahre alten Priester ermordet hatten.
Laut Ziel ist das Sicherheitspersonal am Berliner Dom angehalten, keine Besucher mit großen Rucksäcken oder Taschen in das Innere des evangelischen Gotteshauses zu lassen. Auch gebe es eine gute Zusammenarbeit mit der Polizei. Der Berliner Dom gehört zu den Wahrzeichen der Hauptstadt und wird täglich von vielen Touristen besucht. Außerdem finden dort regelmäßig Gottesdienste und andere Großveranstaltungen mit bis zu 1.400 Gästen statt.
Kirchen bleiben weiter offen
Die bei Besuchern beliebte Thomaskirche in Leipzig wird trotz der aktuellen Bedrohungslage keine scharfen Sicherheitsmaßnahmen ergreifen. Eine Szenerie wie auf dem Petersplatz in Rom "mit Metalldetektoren, Röntgengeräten und Taschenkontrolle kann ich mir nicht vorstellen", sagte Pfarrerin Britta Taddiken am Donnerstag dem epd. Dies wäre auch gar nicht zu leisten, fügte sie hinzu.
Natürlich gebe es ein Unsicherheitsgefühl, sagte Taddiken. Andererseits könnten auch verschärfte Sicherheitsvorkehrungen Anschläge letztlich nicht verhindern. Wichtig sei nun auch für die Gemeinden, aufeinander zu achten und aufmerksam zu sein - gegebenenfalls auch für Gefahren, erklärte die Pfarrerin. Die Leipziger Thomaskirche ist die Wirkungs- und letzte Ruhestätte des Barockkomponisten Johann Sebastian Bach (1685-1750).
In Baden-Württemberg sollen die evangelischen und katholischen Kirchen weiter offen bleiben. Die Erzdiözese Freiburg setze zwar auf erhöhte Wachsamkeit im Alltag, halte aber am Konzept der offenen Kirchen fest, sagte Sprecher Robert Eberle am Donnerstag dem epd. Gerade in Zeiten von Verunsicherung, Angst und Entsetzen seien die Kirchen Orte, an denen getrauert und gebetet werden könne. Dies gelte für Christen ebenso wie für jene, die keiner Kirche oder Religion angehören, sondern nur einen Ort suchten, um eine Kerze zu entzünden. Das Sicherheitskonzept werde in enger Absprache mit Behörden an das jeweils aktuelle Gefahrenpotenzial angepasst.
"Die Kirche wird sich nicht einmauern"
Auch die 2.400 Kirchengebäude im katholischen Bistum Rottenburg-Stuttgart sollen offene Orte bleiben. Die Menschen, vielfach über religiöse und konfessionelle Grenzen hinweg, nutzten Kirchen als Orte des Rückzugs, der Besinnung, der Trauer. "Dazu passen keine verschlossenen Türen", sagte Pressesprecher Uwe Renz. Die Sorgen der Menschen müssten ernst genommen werden. Sie sollten sich jedoch nicht einschüchtern lassen, da sonst Terroristen und Amokläufer bereits eines ihrer Ziele erreicht hätten. Der Polizei gebühre Dank für ihren wachsamen Dienst auch vor Sakralgebäuden.
Die evangelische Landeskirche Baden betonte, dass Gottesdienste öffentliche Veranstaltungen seien, bei denen niemand ausgeschlossen werden dürfe. Nicht nur während der Gottesdienste und anderen Veranstaltungen, auch sonst sollten Kirchen frei zugänglich bleiben. "Die Kirche wird sich nicht einmauern", sagte Oberkirchenrat Stefan Werner.
Kirchenrat Dan Peter sagte in Stuttgart, die evangelische Landeskirche in Württemberg wolle sich die Freiheit nicht nehmen lassen, ihre Kirchen für die Menschen offen zu halten. "Wir sehen derzeit keine Veranlassung, an der bisher gepflegten Praxis etwas zu ändern", sagte Peter.