Berlin (epd). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat davor gewarnt, von der geplanten Angleichung der Ost- und Westrenten zu viel zu erwarten. Sie machte bei ihrer Sommerpressekonferenz am Donnerstag in Berlin deutlich, dass mit der Erhöhung der Altersbezüge für sechs Millionen Rentner im Osten Nachteile für die arbeitenden Menschen in den neuen Bundesländern verbunden sein werden. Darüber werde es "noch intensive Diskussionen" geben.
Die Kanzlerin wies zugleich Forderungen von ostdeutschen CDU-Landeschefs zurück, die ostdeutschen Arbeitnehmer vor Einbußen bei ihrer späteren Rente zu bewahren. "Ich glaube, das können wir nicht machen", sagte Merkel. Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hatte verlangt, kein Rentner und kein Arbeitnehmer im Osten dürfe schlechtergestellt werden.
Merkel warnt vor zu großen Illusionen
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) plant eine Angleichung der Ost- und Westrenten in zwei Schritten bis 2020. Im Gegenzug soll die Hochwertung der Osteinkommen abgeschafft werden, durch die gegenwärtig bei der individuellen Rentenberechnung das West-Ost-Lohngefälle ausgeglichen wird. Die Kosten belaufen sich Nahles zufolge in den Übergangsjahren 2018 und 2019 auf jeweils 1,8 Milliarden Euro und von 2020 an auf 3,9 Milliarden Euro pro Jahr.
Zum Streit um die Finanzierung erklärte Merkel, diese sei noch nicht sicher gewesen, als sich Union und SPD im Koalitionsvertrag darauf verständigt hätten, die Angleichung der Renten in dieser Wahlperiode einzuleiten. Die gesamte Bundesregierung stehe aber zu ihren Verpflichtungen, versicherte sie.
Die Kanzlerin ging auch auf die Debatte um eine generelle Anhebung des Rentenniveaus ein, die nach dem Willen der SPD auch eine Rolle im Wahlkampf spielen soll. Sie sagte, sie könne nur davor warnen, "zu große Illusionen zu schüren". Die Koalition werde sich bis zur Bundestagswahl nur noch mit der Ost-West-Angleichung und der Lebensleistungsrente für Geringverdiener beschäftigen. "Das Rentenniveau wird kein Gegenstand unseres Handelns sein", sagte Merkel.
Sprecher: Vorabstimmungen auf Arbeitsebene
Die "Sächsische Zeitung" (Donnerstagsausgabe) hatte berichtet, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Finanzierung der zusätzlichen Renten-Ausgaben aus Steuermitteln ablehnt, wie Nahles es vorschlägt. Schäuble berufe sich auf den Koalitionsvertrag, so das Blatt, wonach "die Ost-West-Rentenangleichung keine prioritäre Maßnahme ist". Sie müsse daher aus der Rentenversicherung finanziert werden. Man könne der Einleitung der Ressortabstimmung des Entwurfes erst zustimmen, wenn die bisher vorgesehene Erstattung durch den Bund geändert werde, zitierte die Zeitung aus einem Schreiben des Finanz- an das Sozialministerium.
Die Ressortabstimmung ist Voraussetzung dafür, dass der Gesetzentwurf ins Kabinett geht. Das Finanzministerium trat dem Eindruck entgegen, es habe die geplante Angleichung, die noch in dieser Legislaturperiode eingeleitet werden soll, vorläufig gestoppt. Ein Sprecher erklärte, man sei und bleibe innerhalb der Bundesregierung im Gespräch. Derzeit fänden Vorabstimmungen auf Arbeitsebene statt, um die das Arbeitsministerium gebeten habe.
Die Deutsche Rentenversicherung forderte eine Finanzierung aus Steuern, da es sich bei der Angleichung um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handele. Derzeit liegen die Rentenwerte für die Ost-Länder bei 94,1 Prozent des Westniveaus.