Wiesbaden (epd). 2015 wurden über 45.000 Cybercrime-Fälle von der Polizei erfasst. Das teilte der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, am Mittwoch in Wiesbaden mit. Der hieraus entstandene Schaden belaufe sich auf über 40 Millionen Euro, rund drei Prozent mehr als im Vorjahr. Die Aufklärungsquote liege bei 32,8 Prozent, 2014 seien es noch 29,4 Prozent gewesen.
Die Dunkelziffer von Straftaten im Internet sind laut BKA sehr groß: Polizeiliche Statistiken bildeten nur einen kleinen Ausschnitt der tatsächlichen Dimension von Cybercrime ab. Die Täter gingen dabei dezentral vor, oft als einzelne, aber auch in Gruppen, die sich wieder trennten, sagte Münch. Auch längerfristige Zusammenschlüsse im Sinne klassischer organisierter Kriminalität nähmen zu. 2013 sei in Deutschland noch gegen sechs Gruppierungen der organisierten Kriminalität ermittelt worden, 2015 seien es schon 22 gewesen.
Einen Sonderfall bildeten digitale Schwarzmärkte (Underground Economy) im sogenannten Darknet, einem verborgenen Teil des Internets. Dort gebe es Plattformen, die vergleichbar seien mit Amazon. Waren würden dort angeboten, zudem könnten Bewertungen abgegeben werden. Im Darknet gebe es illegale Waren wie Drogen, Falschgeld, gefälschte Pässe und Markenartikel zu kaufen, sagte Münch. Die Marktplätze dort seien durch eine flexible Dynamik gekennzeichnet und wechselten schnell. Auch Waffen würden angeboten werden, jedoch nicht in der Menge wie Betäubungsmittel.
Laut Polizei München benutzte der Amokschütze bei seiner Tat am Olympia-Einkaufszentrum eine Waffe, die er über das Darknet beschafft hat und offenbar aus der Slowakei stammt.
BKA: Gefährdungspotenzial steigt
Das BKA verfüge über eine Gruppe, in der Cyberanalysten und Polizisten gemeinsam ermittelten, sagte Münch. "Bei der Bekämpfung der Cybercrime kombinieren wir Ermittlungsansätze der digitalen und der analogen Welt." Verdeckte Ermittler gewönnen auch im Netz Informationen. Immer wieder identifizierten die Ermittler illegale Online-Marktplätze im Darknet und überführten deren Betreiber.
Für die Zukunft rechne das BKA mit fortschreitender Zunahme von Internetkriminalität und mit einer Steigerung des Gefährdungspotenzials. Grund sei vor allem die steigende Abhängigkeit der Industrie von Informationstechnologie. Zudem nutzen immer mehr Menschen Smartphones, die nicht so gut geschützt seien wie Computer, sagte Münch. Auch bänden Unternehmen immer öfter die Smartphones ihrer Mitarbeiter unmittelbar in den Arbeitsprozess ein, was ein hohes Risiko darstelle.