Barcelona/Rio de Janeiro (epd). In Spanien ist erstmals ein Baby mit den typischen Missbildungen nach einer Zika-Infektion der Mutter geboren worden. Das Krankenhaus Vall d'Hebron in Barcelona erklärte am Montagabend, der Säugling habe einen zu geringen Schädelumfang (Mikrozephalie), wie die spanische Tageszeitung "El Mundo" berichtete. Es ist der erste bekanntgewordene Fall in Europa seit Ausbruch der Zika-Epidemie in Lateinamerika im Herbst 2015. Die Mutter hatte sich auf einer Lateinamerika-Reise angesteckt.
In Spanien wurden laut Gesundheitsministerium rund 190 Zika-Fälle registriert. In Deutschland sind bisher 88 Infektionen mit dem Virus erfasst, wie das Robert-Koch-Institut in Berlin am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd) mitteilte. Zika löst bei Erwachsenen oft nur ein leichtes Fieber aus, steht aber im Verdacht, Föten schwer schädigen zu können. Kurz vor Beginn der Olympischen Spiele in Brasilien am 5. August kommen neue Warnungen: Zehntausende Neugeborene könnten laut einer Studie mit schweren Missbildungen zur Welt kommen.
Ein internationales Forscherteam rechnet damit, dass in Lateinamerika und der Karibik bis zu 93,4 Millionen Menschen an Zika erkranken könnten, darunter 1,65 Millionen Schwangere. Allein in Brasilien könnten sich 35 Millionen infizieren, ein Siebtel der Bevölkerung, wie aus der am Montag (Ortszeit) in der Fachzeitschrift "Nature Microbiology" veröffentlichten Studie hervorgeht.
Epidemie in Kolumbien beendet
Mehrere Sportler sagten aus Angst vor Zika bereits ihre Teilnahme an den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro ab. Die Behörden in Brasilien verweisen darauf, dass die Übertragungsgefahr aufgrund der niedrigen Temperaturen im Winter gering sei. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärte trotz Warnungen einiger Wissenschaftler, keine Bedenken gegen die Austragung der Spiele zu haben. Zika-Fälle wurden aus insgesamt 62 Ländern gemeldet.
Gute Nachrichten kommen indes aus Kolumbien: Das Gesundheitsministerium in Bogotá erklärte die Zika-Epidemie für beendet. Die Zahl der Neuinfektionen sei auf rund 600 pro Woche gesunken. Insgesamt wurden in Kolumbien 100.000 Zika-Fälle gezählt, von denen rund 8.800 im Labor bestätigt sind.
Der Zustand des Babys in Spanien wird als klinisch gut und sehr stabil bezeichnet. Wie stark die befürchteten Hirnschäden sein werden, lässt sich nach Angaben des leitenden Arztes Félix Castillo noch nicht absehen. Die Mutter ist auch mit dem Dengue-Virus infiziert. Die Zika-Diagnose am Fötus kam 20 Wochen nach der Empfängnis. An eine Abtreibung dachten die Eltern nicht.
Weder Medikamente noch Impfung
In Brasilien wütet Zika am schlimmsten. Im größten Land Südamerikas sollen bereits Millionen Menschen Zika-infiziert sein. Laut Gesundheitsministerium wurden zwischen Oktober 2015 und Mitte Juli dieses Jahres 1.709 Fälle von Mikrozephalie bei Neugeborenen registriert. Aber nur bei 267 dieser Fälle wurde zugleich eine Infektion mit dem Zika-Virus definitiv nachgewiesen. Vor 2014 lag der Jahresdurchschnitt bei rund 150 Mikrozephalie-Fällen.
Das Zika-Virus wird wie der Dengue-Erreger von der Aedes-Aegypti-Mücke übertragen. Es wurden aber auch erste Fälle einer sexuellen Übertragung von Zika nachgewiesen. Vor wenigen Tagen stellte das brasilianische Forschungsinstitut Fiocruz das Zika-Virus erstmals auch bei herkömmlichen Stechmücken fest. Sollte sich der Verdacht bestätigen, würde die Sorge vor einer schnelleren Verbreitung der Krankheit weiter wachsen.
Bislang gibt es weder Medikamente noch eine Impfung gegen eine Infektion mit dem Zika-Virus. Zur Vorbeugung wird dringend zum Schutz vor Mückenstichen geraten.