Berlin (epd). Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat Regierungskreisen zufolge einen entsprechenden Gesetzentwurf ans Kanzleramt übermittelt. Zugleich soll die Hochwertung der Ost-Einkommen abgeschafft werden. Der Deutsche Gewerkschaftsbund sprach von einem mutigen Schritt in einer schwierigen Frage. Die Linkspartei und ostdeutsche Politiker warnten vor Nachteilen durch die Abschaffung der Höherwertung, die das niedrigere Lohnniveau im Osten ausgleicht.
Den Plänen zufolge soll die Differenz zwischen den West- und Ostrentenwerten zum 1. Januar 2018 zunächst halbiert werden. Dadurch würden die Renten im Osten noch stärker angehoben als im Westen. Schon bisher fällt die Anpassung im Osten meistens höher aus, wodurch sich die Renten nach und nach angleichen.
Finanzierung nicht bekannt
Gegenwärtig entspricht ein Entgeltpunkt für die Rente im Westen 30,45 Euro und im Osten 28,66 Euro. Durch die starke Erhöhung in diesem Jahr haben sich die Ostrenten dem Westniveau bis auf 94,1 Prozent angenähert. Die große Koalition hatte sich verpflichtet, die Rentenangleichung bis 2020 zu vollenden und in dieser Legislaturperiode Schritte einzuleiten, wenn die Rentenanpassungen allein nicht ausreichen.
Zugleich soll aber den Informationen zufolge die Höherwertung der Ost-Einkommen ebenfalls in zwei Schritten abgeschafft werden. Mit einem jedes Jahr neu bestimmten Faktor werden die niedrigeren Löhne für die Rentenberechnung auf West-Niveau hochgerechnet, in diesem Jahr um fast 15 Prozent. Das Durchschnittseinkommen im Osten beträgt 87 Prozent des Durchschnittsverdienstes im Westen. Die Hochwertung wurde 1992 eingeführt, damit sich die geringeren Einkommen im Osten nicht noch Jahrzehnte auf die Renten auswirken.
Die Kosten für die Angleichung sollen in den Übergangsjahren 2018 und 2019 bei jeweils rund 1,8 Milliarden Euro liegen, von 2020 an dann bei 3,9 Milliarden, einschließlich der zu erwartenden Rentenerhöhungen. Nicht bekannt wurde, ob sie allein aus den Beiträgen in die Rentenversicherung oder auch durch einen Steuerzuschuss finanziert werden sollen.
Sachsens Ministerpräsident skeptisch
Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) äußerte sich wegen der geplanten Abschaffung der Höherwertung von Ost-Einkommen skeptisch und bremste die Reformvorschläge. Er sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland, auf keinen Fall dürften heutige und künftige Rentner im Osten schlechtergestellt werden: "Die Ost-West-Angleichung der Renten bedarf einer sorgfältigen Lösung."
DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sprach von einem "mutigen Schritt in einer schwierigen Frage". Ohne die Frage der ungleichen Bezahlung zu berücksichtigen, könne die Hochwertung der Ost-Einkommen nicht einfach abgeschafft werden. Es müssten Lösungen gefunden werden, die keine neuen Ungerechtigkeiten schaffen, sagte die Buntenbach, die sich als Vorsitzende des Bundesvorstands der Deutschen Rentenversicherung mit dem Arbeitgebervertreter abwechselt.
Die Linksfraktion im Bundestag kritisierte die Pläne. Zwar müsse das Rentenniveau endlich angeglichen werden, erklärte der Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch, doch führe die Abschaffung der Hochwertung zu mehr Altersarmut unter den sechs Millionen Arbeitnehmern im Osten. Demgegenüber hofft die Volkssolidarität auf einen "Durchbruch". Der Vorsitzende Wolfram Friedersdorff wies Warnungen zurück, wonach die Arbeitnehmer im Osten generell die Verlierer der Angleichung seien. Es müsse aber etwas für die Geringverdiener getan werden, da sie tatsächlich schlechter dastünden als bisher.