Rom, Bremerhaven (epd). Die Flüchtlinge seien an einer Mischung aus auslaufendem Benzin und eindringendem Wasser gestorben, teilten "Ärzte ohne Grenzen" und SOS Méditerranée am Donnerstag mit. Die Besatzung des von beiden Hilfsorganisationen betriebenen Schiffes "Aquarius" habe aus insgesamt zwei Schlauchbooten 209 Flüchtlinge retten können.
Als sich das Schiff vor der libyschen Küste dem ersten Boot genähert habe, sei sofort klar gewesen, dass etwas Schreckliches passiert sei, sagte die Ärztin Erna Rijnierse, von "Ärzte ohne Grenzen". "Im Boot schwammen Leichen in einer Lache Kraftstoff, die sich am Boden gesammelt hatte." Offensichtlich war an Bord Panik ausgebrochen. "All diese Menschen befanden sich über mehrere Stunden im Boot mit den Leichen - ohne zu wissen, ob sie selbst überleben würden", sagte Rijnierse.
Frauen und Kinder in größter Gefahr
Frauen und Kinder seien bei der Überfahrt mit Schlauchbooten besonders gefährdet, da sie in der Regel dicht gedrängt im Inneren des Schlauchbootes säßen, erklärten die Hilfsorganisationen. "Tragödien wie diese zeigen, warum es wichtig ist, die Rettungsmaßnahmen im Mittelmeer nicht nur fortzusetzen, sondern zu verstärken", sagt Fabienne Lassalle, stellvertretende Generalsekretärin von SOS Méditerranée Frankreich.
Wegen der guten Wetterbedingungen ist die Zahl der Flüchtlinge, die sich von Libyen aus in Kuttern und Schlauchbooten auf den Weg nach Italien machen, in den vergangenen Tagen stark angestiegen. Nach Angaben der EU-Grenzschutzagentur Frontex erhöhte sich die Zahl im Juni im Vergleich zum Vormonat um 24 Prozent auf 22.500. Ein Großteil der Menschen stammt aus Nigeria, Eritrea und Sudan.
Legale Wege nach Europa gefordert
"Der Vorfall verdeutlicht die dringende Notwendigkeit, sichere und legale Fluchtwege für Menschen aus den afrikanischen Ländern nach Europa zu schaffen, besonders aus Libyen", sagte Klaus Vogel, Gründer von SOS Méditerranée in Deutschland. "Ansonsten wird es weiterhin Tote im zentralen Mittelmeer geben."
Die "Aquarius" wurde von der internationalen Rettungskoordinationsstelle MRCC in Rom alarmiert. Sie war Anfang Februar von Bremerhaven aus unter dem Kommando von Kapitän Vogel zu einem Rettungseinsatz im zentralen Mittelmeer aufgebrochen. Bis Mitte Juli konnten bereits mehr als 2.000 Menschen gerettet und mehr als doppelt so viele an Bord versorgt werden. Das knapp 77 Meter lange ehemalige Fischerei-Schutzboot kann bis zu 500 Personen aufnehmen. An Bord sind neben einer zehnköpfigen Crew auch Rettungskräfte, Ärzte sowie mehrere Journalisten. SOS Méditerranée will den ausschließlich spendenfinanzierten Rettungseinsatz bis zum Jahresende fortführen.