Razzien gegen Hass im Netz
Die Politik sucht schon lange ein Rezept gegen den zunehmenden Hass im Netz. Am Mittwoch setzten Kriminalbeamte ein Zeichen. Sie durchsuchten bundesweit Wohnungen mutmaßlicher Hetzer. Die Aktion war offenbar seit langem vorbereitet.

Wiesbaden, Berlin (epd). Wegen rechtsradikaler Hetze im Netz hat die Polizei am Mittwoch bundesweit Wohnungen durchsucht. Wie das Bundeskriminalamt (BKA) im Anschluss an die Aktion zum ersten Einsatztag zur Bekämpfung von Hasspostings mitteilte, fanden Razzien in 14 Bundesländern statt. Durchsucht wurden die Wohnräume von rund 60 Beschuldigten. Die Aktion sollte ein Zeichen gegen den zunehmenden "Verbalradikalismus" setzen, erklärte das BKA. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte, sprachliche Gewalt dürfe nicht akzeptiert werden. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) betonte: "Das Internet ist kein rechtsfreier Raum."

"Die Fallzahlen politisch rechts motivierter Hasskriminalität im Internet sind auch im Zuge der europäischen Flüchtlingssituation deutlich gestiegen", sagte BKA-Präsident Holger Münch anlässlich der Aktion. "Die Hasskriminalität im Netz darf nicht das gesellschaftliche Klima vergiften." Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte seien häufig das Ergebnis einer Radikalisierung, die auch in sozialen Netzwerken beginne: "Wir müssen deshalb einer Verrohung der Sprache Einhalt gebieten und strafbare Inhalte im Netz konsequent verfolgen."

Maas: "Empfindliche Strafen" drohen

Schwerpunkt der Aktion am Mittwoch war ein offenbar lange vorbereiteter Eingriff im Zusammenhang mit einem von der Staatsanwaltschaft Kempten geführten Ermittlungsverfahren. Nach Angaben des BKA wurden zwischen Juli und November 2015 in einer geheimen Facebook-Gruppe regelmäßig der Nationalsozialismus verherrlicht und fremdenfeindliche und antisemitische Inhalte ausgetauscht. Konkret ging es vor allem um Verstöße gegen die Verbote des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und der Volksverhetzung. Allein in diesem Zusammenhang durchsuchten Polizeidienststellen in 13 Bundesländern die Wohnräume von etwa 40 Beschuldigten.

Innenminister de Maizière sagte, es gebe moralische Grundsätze - "offline wie online". "Wer diese Grundsätze auf unerträgliche Weise und mit unterirdischem Niveau fortwährend verletzt, bereitet zugleich den Stimmungsboden für reale Gewalt", sagte er. 2015 hat sich die Zahl der Angriffe auf Flüchtlinge und deren Unterkünfte in Deutschland verfünffacht. Mehr als 1.000 Straftaten wurden gezählt.

Maas sagte, den Verfassern von Hasspostings drohten "empfindliche Strafen". "Das entschlossene Vorgehen der Behörden sollte jedem zu denken geben, bevor er bei Facebook in die Tasten haut", sagte der Minister. Er betonte zugleich, die gesamte Zivilgesellschaft sei dabei gefordert, Hetzern nicht das Feld zu überlassen. Sein Ministerium unterstützt beim Kampf gegen Hass im Netz unter anderem Initiativen für sogenannte Counter Speech, in der fremdenfeindlichen Kommentaren ausdrücklich und öffentlich widersprochen wird.