Berlin (epd). Die Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international kritisiert die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Es würden nicht die Fluchtursachen bekämpft, sondern die Flucht und die Flüchtlinge selbst, sagte medico-Geschäftsführer Thomas Gebauer am Freitag in Berlin. Den Motiven für die Flucht sei aber mit einer Abschottung nicht beizukommen.
Die EU delegiere Menschenrechtsverletzungen und die Errichtung von abschreckenden Lagern an außereuropäische Staaten, protestierte Ramona Lenz, Referentin für Flucht und Migration, gegen eine Instrumentalisierung der Entwicklungshilfe für eine europäische Abschottungspolitik. "Um die Flüchtlinge unsichtbar zu machen, sollen die Grenzen Europas bis in den Sudan oder Eritrea ausgelagert werden", sagte sie. Diese Politik werde neue Fluchtursachen schaffen, wenn sie Diktaturen stärke oder Entdemokratisierung dulde.
"Das Ergebnis ungerechter globaler Verhältnisse"
"Flucht und Migration sind das Ergebnis ungerechter globaler Verhältnisse, in denen ökonomische Interessen über die Rechte der Menschen dominieren", betonte Geschäftsführer Gebauer. Ohne globale Umverteilung seien alle Programme zur Reduzierung der Fluchtursachen zum Scheitern verurteilt und "letztlich nur sinnloses Herumdoktern an den Symptomen". Die Länder, aus denen die Menschen fliehen, zeigten alle Gemeinsamkeiten: nämlich wachsende soziale Verunsicherung und Staatszerfall. "Und diese Entwicklungen fallen nicht vom Himmel", sagte er.
Die seit fast 50 Jahren international tätige Hilfsorganisation medico international mit Sitz in Frankfurt am Main sammelte im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben insgesamt rund sechs Millionen Euro an Spenden ein. Dies sei eine Steigerung von mehr als sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Zuschüsse von öffentlicher Seite erhöhten sich zudem um 10,8 Prozent auf 4,4 Millionen Euro. Insgesamt förderte medico im vergangenen Jahr mehr als 100 Projekte in 28 Ländern.