Berlin (epd). Der Ausbau von Wind- und Solarkraftwerken in Deutschland wird gebremst und die Ökostrom-Förderung umgestellt. Der Bundestag hat am Freitag in Berlin gegen die Stimmen der Opposition entsprechende Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) beschlossen. Kurz darauf passierte der Entwurf auch den Bundesrat. Eine Zustimmung der Länder war nicht erforderlich.
Künftig erhalten nur die günstigsten Anbieter von Ökostrom staatliche Subventionen. Bisher gelten für Betreiber von Ökostrom-Anlagen feste Vergütungen pro Kilowattstunde. Von 2017 an sollen neue Windparks und große Photovoltaik-Anlagen ausgeschrieben werden. Dann bekommt der Betreiber den Zuschlag, der seine Anlage für die geringsten Fördersätze bauen will. Kleine Solaranlagen auf dem eigenen Dach sind von den Ausschreibungen ausgenommen.
Opposition: Energiewende abgewürgt
Im Laufe der Woche hatten sich die Koalitionsfraktionen im Bundestag auf letzte Änderungen verständigt. Mieter in Häusern mit Solaranlagen sollen von der Ökostromumlage befreit werden. Für Bürgergenossenschaften wird die Teilnahme an Ausschreibungen erleichtert und ein kommunaler Pflichtanteil am Bürgerstrom eingeführt.
Der schleswig-holsteinische Energieminister Robert Habeck (Grüne) begrüßte im Bundesrat die Änderungen, erneuerte aber zugleich seine Kritik an der Drosselung der Produktion von Ökostrom. Die EEG-Novelle sie "die einschneidendste Reform" im Verlauf der Energiewende. Ob sie ihre Ziele erreiche, sei aber ungewiss. So sei keineswegs sicher, dass die Verbraucherpreise sinken. Hätten die Länder zustimmen müssen, wäre das Gesetz vom Bundesrat gestoppt worden, sagte Habeck: "Wir haben nicht zu viel erneuerbaren Strom." Der Grünen-Politiker und forderte erneut Anreize, den umweltfreundlich erzeugten Strom in der Industrie und im Verkehr einzusetzen.
Die Opposition im Bundestag warf der Bundesregierung vor, die Energiewende abzuwürgen. So werde Deutschland seine Klimaschutzziele nicht erreichen, kritisierte der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anton Hofreiter. Die energiepolitische Sprecherin der Linksfraktion, Eva Bulling-Schröter, warf Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) vor, die Ausschreibungsvorgaben förderten Großinvestoren und bremsten genau jene Bürgerstromprojekte aus, die die Energiewende bisher getragen haben.
Versäumnisse beim Netzausbau
Gabriel wies die Kritik zurück. An garantierten Vergütungen für den Ökostrom festzuhalten, sei der falsche Weg. Die Erneuerbaren Energien seien keine Nischentechnologie mehr und müssten für den Strommarkt fitgemacht werden, sagte der Minister. Er verteidigte auch die Mengensteuerung insbesondere beim Ausbau von Windparks. Es habe keinen Sinn, Strom zu produzieren, der nicht abtransportiert werden könne.
Mit der EEG-Novelle reagiert die Koalition auch auf die Versäumnisse beim Netzausbau, die gegenwärtig zu einer Verteuerung des verbrauchten Stroms führen. Bund und Länder hatten sich nach schwierigen Verhandlungen darauf verständigt, den Ausbau von Windkraftanlagen an die Netzkapazitäten zu knüpfen. Im Norden dürfen nur noch so viele neue Anlagen entstehen, wie Strom abtransportiert werden kann. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sprach im Bundesrat von einem "mühsam erzielten Kompromiss", der die nördlichen Bundesländer vor neue Probleme stelle.
Bis zum Jahr 2025 soll der Anteil der Erneuerbaren bei 40 bis 45 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs liegen. Heute beträgt er ein Drittel. Kritiker sagen, um die Klimaziele zu erreichen und die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen, reiche das deutsche Ausbautempo nicht aus.