Berlin (epd). Die Deutsche Welthungerhilfe fordert eine stärkere Verzahnung von humanitärer Nothilfe und langfristiger Entwicklungszusammenarbeit. Die alte Trennung funktioniere nicht mehr, sagte der Vorstandsvorsitzende Till Wahnbaeck bei der Vorstellung des Jahresberichtes am Donnerstag in Berlin. Hunger werde immer komplexer. "Die drei K's Kriege, Krisen und Klima bestimmen unsere Arbeit immer stärker", betonte er.
Da die Hälfte aller geflüchteten Menschen durchschnittlich mehr als zehn Jahre auf der Flucht bleibt, sei die bisher praktizierte Abgrenzung zwischen kurzfristigen Nothilfe- und langfristigen Entwicklungsprogrammen nicht mehr sinnvoll, sagte der Entwicklungsexperte weiter: "Wir müssen 'raus aus den Krisenreaktionen und 'rein in die Krisenvorsorge." Hier wünsche sich die Welthungerhilfe auch mehr Flexibilität im Entwicklungsministerium.
"Fluchtursachenbekämpfung war schon immer unser Thema", sagte Welthungerhilfe-Präsidentin Bärbel Dieckmann. Migration sei normal und habe es schon immer und überall gegeben. "Wir müssen aber alles dafür tun, dass Menschen nicht mehr gehen müssen, weil sie ihre Familie nicht mehr ernähren können", fügte sie hinzu.
Versorgung von Flüchtlingen
Humanitäre Krisen und Konflikte dominierten nach Angaben Dieckmanns auch 2015 die Arbeit der Welthungerhilfe. Dabei habe die Versorgung von Menschen auf der Flucht wie in Syrien, der Türkei oder dem Südsudan im Mittelpunkt der Projektförderung gestanden.
Im vergangenen Jahr hat die Welthungerhilfe nach eigenen Angaben 7,3 Millionen Menschen in 40 Ländern im Kampf gegen den Hunger unterstützt. Für die insgesamt 387 Auslandsprojekte stellte die Entwicklungsorganisation mehr als 193 Millionen Euro zur Verfügung.
Dabei gehörten die Spendeneinnahmen 2015 in Höhe von 50,2 Millionen Euro zu den höchsten seit Gründung der Welthungerhilfe 1962, wie der Vorstandvorsitzende Wahnbaeck sagte. Das waren rund zehn Millionen Euro mehr als 2014. Das Spendenplus wird mit der Reaktion auf das Erdbeben in Nepal, den Syrien-Krieg und die Flüchtlingskrise begründet.
"Ziel: Arbeit überflüssig machen"
Auch öffentliche Geber wie das Entwicklungsministerium, das UN-Welternährungsprogramm und das Auswärtige Amt stellten mit 158,9 Millionen Euro die höchste Fördersumme für die Projektarbeit bereit. Insgesamt standen so 214,4 Millionen Euro zur Verfügung.
Knapp 121 Millionen Euro flossen davon in 176 Entwicklungsprojekte in 20 afrikanische Länder. Weitere 60 Millionen gingen in 151 Projekte in 14 Länder Asiens. Für Politik- und Öffentlichkeitsarbeit im Inland gab die Welthungerhilfe 1,4 Millionen Euro aus. Dieckmann sagte, geleistet werde Hilfe aus einer Hand - von der schnellen Katastrophenhilfe bis zu langfristiger Entwicklungszusammenarbeit: "Unser Ziel ist es, unsere Arbeit überflüssig zu machen und bis 2030 eine Welt ohne Hunger zu haben."
Seit ihrer Gründung 1962 förderte die Welthungerhilfe nach eigenen Angaben mehr als 8.000 Auslandsprojekte mit insgesamt rund drei Milliarden Euro, davon mehr als 5.700 Selbsthilfeprojekte. Sie ist eine der größten privaten Hilfsorganisationen in Deutschland.