Brüssel, Berlin (epd). Die EU-Kommission will künftig in Entwicklungsländern auch das Militär fördern können. "Nachhaltige Entwicklung und Ausrottung der Armut erfordern Frieden und Sicherheit", begründete Entwicklungskommissar Neven Mimica am Dienstag in Straßburg die Pläne seiner Behörde. Die Außenbeauftragte Federica Mogherini argumentierte, dass Partnerländer der EU selbst in der Lage sein müssten, auf Herausforderungen wie Extremismus und Terrorismus zu reagieren.
Geld von klassischen Entwicklungsprojekten soll für das Militär allerdings nicht abgezogen werden, wie eine hohe EU-Beamtin dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte: "Das Geld wird nicht von Entwicklungsaufgaben wie dem Bau von Schulen oder Krankenhäusern in Afrika weggenommen."
Ziel einer nachhaltigen Entwicklung
Stattdessen geht es um das sogenannte Instrument für Stabilität und Sicherheit. Mit ihm reagiert die EU bereits jetzt auf drohende und eingetretene Krisen rund um die Welt. Teilweise werden die dabei verwandten Gelder auf die Entwicklungshilfe der EU angerechnet, erläuterte die EU-Offizielle. Die Möglichkeit, solche Gelder nun auch für das Militär zu verwenden, verändere deren Zweck nicht.
Davon abgesehen will sich die EU-Kommission bei der Unterstützung von Militär und sonstigen Sicherheitskräften am Ziel einer nachhaltigen Entwicklung orientieren, wie es die Vereinten Nationen 2015 verabredet haben. Eines der Nachhaltigkeitsziele sieht als Unterziel vor, "relevante nationale Institutionen" insbesondere in Entwicklungsländern zu stärken, "um Gewalt vorzubeugen und Terrorismus und Verbrechen zu bekämpfen".
Hilfe für Militär nur "unter außergewöhnlichen Umständen"
Die Möglichkeit der Hilfen für das Militär in Entwicklungsländern ist nur ein Teil der neuen EU-Pläne. Generell setzen diese auf eine wirksamere Unterstützung des Sicherheitssektors in Partnerländern. Hilfe für das Militär soll nur "unter außergewöhnlichen Umständen" erfolgen, macht die EU-Kommission geltend. Geld für Waffen, Munition oder Kampftraining werde es generell nicht geben. Stattdessen könnten EU-Mittel unter anderem in Truppentransporter, Gebäude und Uniformen fließen, aber auch zum Beispiel in die zivile Kontrolle der Streitkräfte, öffentliche Kommunikation und Rechenschaftslegung. Ferner soll das Militär bei Aufgaben wie Minenräumung und dem Straßenbau unterstützt werden. Aber auch beim Grenzschutz und dem Umgang mit Migranten könnte die EU dem Militär unter die Arme greifen.
Kritik der deutschen Opposition
Die Pläne stießen auf viel Kritik. Eine derartige Politik trage dazu bei, "Sicherheitskräfte auszubilden, die die Fluchtverursacher von morgen sein könnten", urteilte der Linken-Bundestagsabgeordnete Niema Movassat. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Uwe Kekeritz erklärte: "Nach der Fluchtabwehrpolitik an den europäischen Außengrenzen und der Kooperation mit Diktatoren zum sogenannten Grenzmanagement ist die Zweckentfremdung europäischer Entwicklungsgelder die nächste moralische Bankrotterklärung."
Zurückhaltender äußerte sich die CDU-Bundestagsabgeordnete Sabine Weiss. Die Pläne könnten "in bestimmten Fällen zur Schaffung von Stabilität und Sicherheit" in Entwicklungsländern beitragen, glaubt Weiss. "Dennoch darf die Finanzierung des militärischen Aufbaus nicht aus Mitteln erfolgen, die für originäre Maßnahmen der Entwicklungspolitik reserviert sind."