Reker weist Verantwortung für Silvesternacht-Übergriffe zurück
Oberbürgermeisterin Reker sagt vor dem Untersuchungsausschuss zur Kölner Silvesternacht aus, kann aber nur wenig Erhellendes beitragen. Ihre Antworten lassen erkennen, dass sie sich von der Polizei nicht ausreichend informiert fühlte.

Düsseldorf, Köln (epd). Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) hat im Untersuchungsausschuss zur Kölner Silvesternacht die Verantwortung für die massenhaften Übergriffe zurückgewiesen. Reker, die nach einer Messerattacke im Oktober erst am 15. Dezember offiziell in ihr Amt eingeführt wurde, sagte am Montag im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags, dass sie im Vorfeld nicht in Sicherheitsplanungen der Stadt eingebunden gewesen sei. Zudem lägen die Zuständigkeiten auch nicht beim Oberbürgermeister. "Stadtdirektor und Ordnungsamt planen Silvester eigenverantwortlich", sagte Reker.

Nicht genug informiert

Neben 144 Einsatzkräften der Landespolizei und 70 Polizisten der Bundespolizei an verschiedenen Stellen der Innenstadt seien in der Silvesternacht ihres Wissens weitere rund 200 Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamtes unterwegs gewesen, sagte die Oberbürgermeisterin. Ihre Frage, ob die Anzahl der polizeilichen Einsatzkräfte ausreichend gewesen sei, sei in einem Gespräch mit leitenden Vertretern der Kölner Polizei am 5. Januar bejaht worden.

Kritik an der Kommunikation mit dem damaligen Polizeipräsidenten Wolfgang Albers in den ersten Tagen nach Silvester äußerte Reker nicht direkt. Aber ihre Antworten verwiesen darauf, dass sie sich rückblickend nicht umfassend genug informiert fühlte. Von der qualitativen und quantitativen Dimension der Übergriffe habe sie vielmehr aus der Presse erfahren, sagte Reker. "Ich hatte in den ersten Tagen keinen Grund, Herrn Albers zu unterstellen, dass er mich nicht vollständig unterrichtet."

Der Polizeipräsident habe sie in kurzen Telefonaten in den ersten Januartagen über einzelne Vorkommnisse informiert, nicht aber über weitergehende Vermutungen zu Tatverdächtigen. Wie auch auf der Pressekonferenz am 5. Januar habe Albers ihr geschildert, dass die Menge auf dem Bahnhofsvorplatz bis zur Räumung durch die Polizei überwiegend aus Menschen mit arabischem Erscheinungsbild bestanden habe. Daraus habe sie aber zu dem Zeitpunkt keinen Schluss zu den Tatverdächtigen selbst und auch nicht zu ihrem aufenthaltsrechtlichen Status ziehen können, betonte Reker.

Sicherheitskonzepte entwickeln

Informationen zur Herkunft der Beteiligten an Straftaten, die überwiegend erst während oder nach der Räumung des Bahnhofsvorplatzes verübt wurden, habe sie erst eine Woche nach Silvester aus der Presse erhalten, nicht von der Polizei, sagte Reker. Albers Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand am 8. Januar habe sie als "angemessen" empfunden.

Reker berichtete, erstmals im Februar auf einer Sicherheitskonferenz Bildmaterial aus der Silvesternacht gesehen zu haben. Die schiere Menschenmasse habe es den Beamten offenbar unmöglich gemacht, Straftaten überhaupt zu bemerken. "Wenn ich bereits am 5. Januar das Video gesehen hätte, wäre mir schneller die Dimension klargeworden."

Die Silvesternacht sei keine städtische Veranstaltung, Menschen strömten nach Köln, um den Jahreswechsel zu feiern, betonte Reker. Dennoch werde die Stadt Köln künftig gezielte Sicherheitskonzepte entwickeln. Auch die Verhinderung sexualisierter Gewalt bei Großereignissen werde künftig eine stärkere Rolle spielen.

In der Silvesternacht hatten am Kölner Hauptbahnhof Gruppen junger Männer vor allem aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum zahlreiche Frauen sexuell belästigt und bestohlen. Bei der Staatsanwaltschaft Köln gingen bis Mitte Juni 1.182 Anzeigen ein, davon 497 wegen sexueller Übergriffe.