Berlin (epd). Der Präsident des Statistischen Bundesamts, Dieter Sarreither, bilanzierte am Freitag in Berlin, in den allermeisten Fällen lösten Ereignisse die Schuldenspirale aus, die die Menschen nicht im Griff haben. An erster Stelle (19 Prozent) steht Arbeitslosigkeit, dann folgen Erkrankungen und Trennungen. Nur rund jeder Zehnte macht Schulden, weil er zu viel für seinen Konsum ausgibt.
Sieben von hundert Ratsuchenden in den Schuldnerberatungsstellen gehören zu den "Working Poor", den berufstätigen Armen. Sie haben nach Auskunft der Berater allein deshalb Schulden, weil sie über Jahre nicht genug verdienen.
Drei Jahre lang gesamtes Einkommen
Das Statistische Bundesamt erfasst die private Verschuldung seit 2006, tut sich aber schwer, Trends auszumachen. Ausgewertet werden nur die Daten derer, die sich in den Schuldnerberatungsstellen helfen lassen. Das sind nach Angaben der Statistiker 0,8 Prozent der Bevölkerung und keineswegs alle Haushalte, die Schulden haben. Ein Indiz dafür, dass die Verschuldung leicht sinkt, könnte sein, dass die Privatinsolvenzen seit 2011 um rund 30.000 auf 78.000 im Jahr 2015 zurückgegangen seien, hieß es.
Der durchschnittliche private Schuldner müsste fast drei Jahre lang sein gesamtes Einkommen an seine Gläubiger abliefern, um wieder schuldenfrei zu sein. Aus den Daten der Statistiker geht hervor, dass private Schulden im Durchschnitt bei 34.400 Euro liegen - bei einem durchschnittlichen Einkommen der Schuldner von 1.034 Euro im Monat. Rechnet man die Schulden für Immobilienfinanzierungen heraus, bleibt noch eine durchschnittliche Schuldenlast von 25.700 Euro.
Am häufigsten sind alleinerziehende Frauen und allein lebende Männer überschuldet. Alleinerziehende machen 14 Prozent der Ratsuchenden in den Schuldnerberatungsstellen aus, obwohl ihr Anteil in der Bevölkerung bei nur sechs Prozent liegt. Eine ähnliche Relation verzeichnen die Statistiker bei allein lebenden Männern. Finanzielle Sorgen sind häufig Folge von Trennungen: Paare mit und ohne Kinder haben nur selten Schulden.
Handy-Vertrag zu teuer
In der Altersgruppe der 25- bis 44-Jährigen gibt es die meisten Schuldner. Dafür haben die Älteren höhere Verbindlichkeiten angehäuft. Bei den 45- bis 54-Jährigen liegt die durchschnittliche Schuldenlast bei über 50.000 Euro. Bei den ganz Jungen sind Konsumschulden am häufigsten, etwa für Handy-Verträge. In der Regel schulden die Menschen mehreren Gläubigern Geld. Der größte Teil entfällt mit 44 Prozent oder durchschnittlich 15.300 Euro je Schuldner auf die Banken.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts haben 2015 rund 647.000 Menschen die Hilfe einer der 1.400 Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen in Anspruch genommen. In die Statistik gingen die Daten von 113.000 Personen ein, die der Auswertung zugestimmt hatten.