Brüssel (epd). Die EU-Kommission hat die Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat um zunächst bis zu anderthalb Jahre verlängert. Bis dahin soll eine neue Studie der EU-Chemikalienagentur ECHA das Mittel erneut unter die Lupe nehmen, wie die Kommission am Mittwoch in Brüssel mitteilte.
Die EU-Kommission konnte die Verlängerung des vor allem in der Landwirtschaft eingesetzten Mittels beschließen, nachdem die EU-Staaten sich wiederholt nicht auf eine Erneuerung oder Verlängerung der Lizenz einigen konnten. Hätte die EU-Kommission sich nun ebenfalls enthalten, wäre die Zulassung für Glyphosat Ende Juni, also an diesem Donnerstag, ausgelaufen.
Geteiltes Echo
Die Verlängerung stieß auf ein geteiltes Echo. "Die 8250 Tonnen Glyphosat, die in den kommenden 18 Monaten allein in Deutschland auf die Äcker gelangen, sind 8250 Bücklinge vor Monsanto und Co", erklärte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) mit Blick auf den US-Konzern Monsanto, einemder Haupthersteller von Glyphosat-Mitteln. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) verlangte, dass die Bundesregierung nach der Enthaltung auf EU-Ebene daheim ein nationales Verbot von Glyphosat erlassen solle, wie es andere EU-Mitgliedstaaten vorgemacht hätten oder planten.
Der Grünen-Politiker Martin Häusling zog eine Verbindung zum Brexit. "Mit einem Stopp von Glyphosat hätte die Europäische Kommission zeigen können, dass sie die auch nach dem britischen Referendum deutlich gewordene Skepsis vieler Bürger gegenüber Entscheidungen in der EU ernst nimmt", erklärte der Europaabgeordnete.
Lob für die Entscheidung kam hingegen vom CDU-Europaabgeordneten Jens Gieseke. "Die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit und das Bundesamt für Risikobewertung haben festgestellt, dass der Einsatz des Pflanzenschutzmittels für die Verbraucher unbedenklich ist. Aus diesem Grund wäre es ungerechtfertigt gewesen, die auslaufende Zulassung nicht zu verlängern."
Keine Mehrheit in Ausschüssen
Das turnusgemäße Verfahren der Neuzulassung des Pflanzenschutzmittels in der EU hatte schon 2012 begonnen. Im Herbst vergangenen Jahres übermittelte die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ihre abschließende Risikobewertung an die EU-Kommission, derzufolge die Neuzulassung möglich war. Allerdings hatte zuvor die Internationale Agentur für Krebsforschung Glyphosat als "wahrscheinlich krebserzeugend bei Menschen" eingestuft. Zugleich erhoben auch andere Kritiker ihre Stimmen und wiesen auf Gesundheits- und Umweltrisiken hin.
Vor diesem Hintergrund strebte die EU-Kommission eine Erneuerung der Zulassung an. Den Vorschlag hätten allerdings die EU-Regierungen mehrheitlich annehmen müssen. In den entsprechenden Ausschüssen kam aber keine Mehrheit zustande, zuletzt scheiterte vergangenen Freitag ein Votum in Brüssel.
Auch die Bundesregierung enthielt sich dabei ihrer Stimme. Denn die Koalition hatte sich auf keine gemeinsame Linie einigen können. Die SPD lehnt eine weitere Zulassung von Glyphosat ab und begründet dies mit der Unklarheit über die gesundheitlichen Auswirkungen. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) und die Union sind für eine Neuzulassung. Schmidt hatte immer wieder betont, dass Glyphosat laut einer Vielzahl von Studien bei sachgerechter Anwendung keine Gefahr für den Menschen darstelle.