São Paulo (epd). Alle 100 befragten Frauen hätten angegeben, während ihrer Festnahme und Verhöre sexualisierter Gewalt und psychischen Misshandlungen ausgesetzt gewesen zu sein.
97 Frauen berichteten der Untersuchung zufolge über körperliche Misshandlungen durch Sicherheitskräfte. 72 sagten aus, sie seien während ihrer Verhaftung oder in den darauffolgenden Stunden sexuell missbraucht worden. 33 gaben an, sie seien vergewaltigt worden. Zu den "üblichen" Misshandlungen gehörten Elektro-Schocks auf Genitalien sowie das Simulieren von Ersticken mit Plastiktüten über den Kopf. Hinzu kamen Schläge auf Bauch oder Kopf und Drohungen, die Inhaftierte oder Angehörige zu vergewaltigen.
"Einfache Ziele"
"Der Report zeigt, dass sexuelle Gewalt Routine während der Haft und während der Verhöre ist", schreibt Amnesty. Besonders brutal gingen die Sicherheitskräfte im Zusammenhang mit Drogenkriminalität vor. Die Menschenrechtsorganisation fordert den mexikanischen Kongress auf, umgehend ein Anti-Folter-Gesetz zu beschließen und dessen Umsetzung zu überwachen.
Staatspräsident Enrique Peña Nieto wird aufgefordert, die klare Botschaft an Justiz und Sicherheitskräfte zu senden, dass keinerlei Misshandlungen mehr toleriert würden. Geständnisse, die unter Folter zustande kamen, dürften nicht mehr verwendet werden.
Folter und Misshandlungen treffen dem Bericht zufolge besonders Frauen aus unteren Schichten mit geringem Einkommen und niedrigem Bildungsstand. "Diese Frauen werden von Behörden und Sicherheitskräften als einfache Ziele wahrgenommen", sagte Maja Liebing, Mexiko-Expertin von Amnesty Deutschland. Ihre erpressten Geständnisse würden benutzt, um die Statistiken zu verbessern und Erfolge im Kampf gegen die organisierte Kriminalität vorzutäuschen.
Täter würden geschützt
Die Reaktionen der mexikanischen Behörden auf Folter und Misshandlungen seien "sehr enttäuschend", heißt es in dem Bericht. Seit 1991 habe es Tausende von solchen Fällen gegeben, aber nur 15 seien vor Gericht gekommen. Kein Polizist und kein Soldat sei vom Dienst suspendiert worden. Der mexikanische Staat sende das gefährliche Signal, Vergewaltigungen und andere Formen sexualisierter Gewalt würden toleriert und die Täter geschützt, erklärte Liebing.
Amnesty erkannte zwar an, dass vor Kurzem eine Anti-Folter-Spezialeinheit bei der Generalstaatsanwaltschaft geschaffen wurde. Deren Arbeit müsse beschleunigt und durch Statistiken und unabhängige Gutachten ergänzt werden. Denn es gebe noch genügend Richter, die Folterer schützten, hieß es.