Heikle Papstreise nach Armenien
Papst Franziskus will auf seiner Armenienreise ab heute der Opfer des Völkermords gedenken und mit armenischen Christen an der Grenze zur Türkei Zeichen des Friedens setzen. Dabei betritt er ein religiöses und geopolitisches Spannungsfeld.
24.06.2016
epd
Von Bettina Gabbe (epd)

Rom (epd). Papst Franziskus scheut sich nicht vor Konflikten, im Gegenteil. Deshalb wollte er Armenien und Aserbaidschan, die wegen des Konflikts um die Region Bergkarabach verfeindet sind, gemeinsam besuchen. Doch nun verzichtet er auf diese Versöhnungsgeste - offenbar aufgrund von Bedenken aus der armenischen Hauptstadt Jerewan. Von heute an wird er für drei Tage Armenien besuchen, im September folgt ein separater Besuch in Aserbaidschan und Georgien.

2001 hatte bereits Papst Johannes Paul II. das Land besucht, in dem mit rund drei Millionen heute weniger als die Hälfte der Armenier lebt. In kaum einer Weltregion spielen politische Konflikte eine so starke Rolle für die nationale und religiöse Identität wie in Armenien. Wer wie Franziskus die Massaker an bis zu 1,5 Millionen Armeniern und anderen Christen während des Ersten Weltkriegs als Völkermord anerkennt, gerät damit automatisch in Konflikt mit der Türkei. Das bekam der Papst bereits zu spüren, als er im Jahr 2015 zum Gedenken an den 100. Jahrestag des Genozids im Petersdom im Vatikan eine Messe mit Armeniern feierte. Dabei bezeichnete er die Massaker als "ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts".

Deshalb dürfte sein geplanter Besuch am Völkermord-Denkmal Zizernakaberd in Jerewan erneut für Irritationen sorgen. Dabei ist vom Kirchenoberhaupt eher keine klare politische Botschaft zu erwarten, doch allein der Besuch in der Gedenkstätte gilt als Zeichen der Anerkennung des Völkermords. Nach dem scharfen Protest des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan gegen die Anfang Juni verabschiedete Bundestags-Resolution zum Gedenken an die Genozid-Opfer ist auch im Fall des Papst-Besuchs eine heftige Reaktion zu erwarten. Die altorientalische armenisch-apostolische Kirche dankt dem Papst für seine Haltung, indem sie Franziskus im Palast des Katholikos buchstäblich unter einem Dach mit ihrem Patriarchen übernachten lässt.

Katholiken kleine Minderheit

Papst Franziskus will zudem in Armenien zeigen, wie Frieden und Versöhnung mit Hilfe der Religionen zustande kommen können. Die Katholiken sind in dem Land eine kleine Minderheit, mehr als 90 Prozent der Einwohner gehören der altorientalischen armenisch-apostolischen Kirche an. Auf dem Programm stehen Gottesdienste mit der armenisch-apostolischen Kirche, die Unterzeichnung einer Erklärung mit deren Patriarchen, Katholikos Karekin II., und ein ökumenisches Gebet in Sichtweite des Bergs Ararat. Dieses Nationalsymbol der Armenier liegt seit der Gründung der Türkei Anfang der 1920er Jahre auf türkischem Gebiet. Bis zu den Vertreibungen durch die Jungtürken vor rund 100 Jahren siedelten die Armenier mehrheitlich rund um den Berg.

Von dem Kloster Khor Virap, in dem die beiden Kirchenoberhäupter beten wollen, können sie bei gutem Wetter die Höhen des Bergs Ararat sehen. Der Bibel zufolge strandete hier die Arche Noah nach der Sintflut. In dem Kloster wird der Legende gedacht, nach der Armenien das Land ist, in dem das Christentum bereits im Jahr 301 zur Staatsreligion erhoben wurde.

Wie auf allen Papstreisen wird Franziskus auch in Armenien mit Vertretern der Regierung zusammentreffen. Die nach Jahrzehnten des Waffenstillstands wieder aufgeflammte Gewalt in der völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehörigen und gleichzeitig von Armenien beanspruchten Region Bergkarabach hätte die Reisepläne des Papstes im April fast durchkreuzt. Die Präsidenten beider Länder einigten sich bei einem Treffen in Wien Anfang Mai jedoch auf die Rückkehr zum Waffenstillstand.