Unionsmehrheit will Medikamententests an Demenzkranken ermöglichen
Im Streit um Medikamententests an Demenzkranken könnte sich im Bundestag eine fraktionsübergreifende Gruppe von Abgeordneten zusammenfinden, die die Ermöglichung solcher Studien ablehnen.

Berlin (epd). Nach Informationen des in Berlin erscheinenden "Tagesspiegel" (Donnerstagsausgabe) würden auch Politiker aus der Linksfraktion einen entsprechenden Gruppenantrag unterstützen. Der Zeitung zufolge wird in der Union an einem solchen Antrag gearbeitet.

Eine breite Mehrheit in der Union will Medikamentenstudien an Demenzkranken hingegen ermöglichen, auch dann wenn diese selbst keinen Nutzen davon haben. Eine Probeabstimmung in der Fraktion über solche sogenannten gruppennützigen Studien an nicht einwilligungsfähigen Patienten ergab am Dienstag nur zehn Gegenstimmen und drei Enthaltungen. In der SPD-Fraktion hat sich nach Angaben der Parlamentarischen Geschäftsführerin Christine Lambrecht noch keine Mehrheit gebildet. Dort war aber in der Fraktionssitzung ebenfalls über die Tests debattiert worden.

Frei nach Gewissen entscheiden

Dem Parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, erklärte am Mittwoch, die Unionsmehrheit spreche sich dafür aus, eine sogenannte Probanden-Verfügung einzuführen, in der künftige Studienteilnehmer noch in gesundem Zustand ihre grundsätzliche Einwilligung zur Teilnahme erklären. Vor der Abfassung müssen sie sich von einem Arzt beraten lassen.

Der Bundestag will Anfang Juli über das Arzneimittel-Gesetz von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) abstimmen, mit dem auch die Studien an Demenzkranken geregelt werden. Vorher soll es aller Voraussicht nach eine ausführliche Debatte geben. Grosse-Brömer sagte, da es sich um eine ethisch schwierige Frage handele, sollten alle Unionsabgeordneten frei nach ihrem Gewissen entscheiden können.

Beide Kirchen und mehrere Sozialverbände kritisieren die Absichten. Die frühere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und Bundesvorsitzende der Lebenshilfe sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), es seien noch viele Fragen offen. Ein Arzt könne einen Teilnahmewilligen nicht Jahre im Voraus darüber aufklären, wie eine Studie aussehen werde und mit welchen Nebenwirkungen er zu rechnen habe.

Schmidt, die die Neuregelung ablehnt, verwies auf einen Beschluss des Bundestages von 2013, wonach an nicht einwilligungsfähigen Patienten nur Studien erlaubt sind, von denen sie selbst profitieren. Wenn sich eine Gesetzeslage bewährt habe, "kann man dabei bleiben", sagte Schmidt: "Die Frage, warum wir jetzt etwas anderes brauchen, ist nicht zufriedenstellend beantwortet."