Frankfurt a.M. (epd).
Was ist die Crispr-Cas9-Methode?
Es geht darum, die DNA, in der das genetische Material und damit das Erbgut von Lebewesen und Viren gespeichert ist, zu zerschneiden, zu zerstören oder gezielt zu verändern. Das Verändern wird "genome editing" genannt, parallel dazu, wie ein Text redaktionell editiert (bearbeitet) werden kann. Eingesetzt werden kann es zur Erforschung und zur Therapie von Krankheiten. Ein entscheidender Durchbruch gelang im Jahre 2012 den Arbeitsgruppen um die Mikrobiologin Emmanuelle Charpentier und die Biochemikerin Jennifer Doudna. Crispr-Cas steht für "Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats".
Was ist das Besondere an der Methode?
Die Forscher nutzen ein Verfahren, das es in der Natur schon gibt: Bakterien sind in der Lage, zielgenau und wie mit einer Schere die DNA von Viren zu zerstören, die zuvor in die Bakterien eingedrungen sind.
Was wurde schon gemacht?
Zum Beispiel Forschung an Pflanzen, Mikroorganismen und Bakterien: die Erzeugung einer Hefe zur effektiveren Herstellung von Krebsmedikamenten und die Züchtung einer bakterienresitenten Reispflanze.
Wie sehen es andere Länder?
In der Genforschung gibt es einen starken internationalen Wettbewerb. So haben chinesische Forscher im April 2015 das Potenzial von Crispr-Cas9 an nicht entwicklungsfähigen menschlichen Embryonen getestet. Die Ergebnisse zeigten, dass "genome editing" noch nicht genügend ausgereift sei für eine "verantwortbare Anwendung in der Medizin", heißt es von den Forschern der Leopoldina.
Welche Chancen bietet das neue Verfahren?
Effizient, zeitsparend und kostengünstig sind die immer wieder verwendeten Schlagworte. Und wenn zum Beispiel die Gene der Anopheles-Mücke, die Malaria überträgt, dauerhaft verändert werden könnten, könnte das das Ende der Malaria bringen. Es bedeutet aber auch einen massiven Eingriff in das Ökosystem.
Wann wird es problematisch?
Diskutiert werden vor allem die drei Anwendungsmöglichkeiten am Menschen. Die Forschung in vitro, im Reagenzglas außerhalb des Körpers, an normalen somatischen Körperzellen wird im Allgemeinen als unproblematisch angesehen. Die Anwendung im Körper (in vivo) an normalen Zellen setzt voraus, dass die Methode ausgereift, ethisch begründbar und technisch sicher ist. Prinzipiell zur Diskussion steht die dritte Anwendungsart: die in der Keimbahn.
Was ist die Keimbahn?
Die Linie von Eizelle und Samenzelle über die befruchtete Eizellen bis zu den Eizellen oder Samenzellen des daraus entstehenden Nachkommens. Somatische Zellen hingegen enthalten zwar Erbinformationen, geben diese aber nicht weiter.
Welche ethischen Fragen werden diskutiert?
Im Mittelpunkt steht die Veränderung der Keimbahn und damit der Eingriff in das Erbgut künftiger Generationen. Befürworter weisen darauf hin, dass so Menschen vor schweren Erbkrankheiten bewahrt werden könnten. Wer das nicht wolle, müsse moralisch begründen, wieso er ein Krankheitsrisiko bewusst nicht beseitigen wolle.
Andere weisen darauf hin, dass die genetische Veränderung ohne die Zustimmung des künftigen Menschens geschieht, damit würden das Recht auf körperliche Selbstbestimmung und Unversehrtheit sowie die Würde des noch nicht geborenen Menschen verletzt. Andere setzen die Würde und Identität der gesamten menschlichen Gattung dagegen. Zudem sei die technische Selbstgestaltung Teil der menschlichen Entwicklung - und wieso sollte es die Würde eines Menschen verletzen, wenn er vor einer schweren Erkrankung bewahrt würde?
Schwer ist es, die Grenze zwischen medizinischer Therapie und bloßer Verbesserung zu ziehen. Darauf zielen die "Dammbruch-Argumente": Die Methode könnte missbraucht werden, um "Designer-Babies" zu schaffen oder grundsätzlich den menschlichen Genpool zu verändern. Eine mögliche Vereinheitlichung der genetischen Ausstattung der Menschen wird aus biologischer und aus ethischer Sicht als hochproblematisch gesehen.
Wie kann es weitergehen?
Um all diese Fragen zum Eingriff in die Keimbahn ausführlich und öffentlich zu diskutieren, fordern einige Wissenschaftler wie auch die zitierten Arbeitsgruppen ein Moratorium für Keimbahn-Experimente beim Menschen.