Medien-Startup: "Wir wollen mit alten Dogmen brechen"
Das Medien-Startup "Perspective Daily" geht heute mit konstruktiven Nachrichten an den Start.
21.06.2016
epd
epd-Gespräch: Elisa Makowski

Münster (epd). "Wir wollen mit den Dogmen des Journalismus brechen", sagte Mitbegründer Bernhard Eickenberg aus Münster dem Evangelischen Pressedienst (epd). Konstruktiver Journalismus sei wie konstruktive Kritik: "Wir wollen zeigen, was schiefgelaufen ist, aber auch das, was gut ist." An den klassischen Kurznachrichten kritisiert er, dass sie zu wenig Kontext und Einordnung lieferten: "Die Leser erhalten Puzzle-Stücke, die sie nicht zusammensetzen können."

"Perspective Daily" ist ein Projekt von Maren Urner (31), Bernhard Eickenberg (31) und Han Langeslag (32), das über eine große Crowdfunding-Kampagne finanziert wird. "Konstruktiver Journalismus meckert nicht, sondern sucht und diskutiert Lösungsvorschläge", sagte Eickenberg. Zwar versuche man neutral zu sein, bringe aber zur Beschäftigung mit den Themen eine Haltung mit. "Wir machen engagierten Journalismus." Dazu gehöre auch, nach abgeschlossener Recherche verschiedene Lösungsansätze zu bewerten.

Klassischen Journalismus ergänzen

Dennoch betreibe das Startup keinen Aktivismus. Man achte darauf, dass Minderheiten-Meinungen nicht zu viel Raum gegeben werde. "97 Prozent der Wissenschaftler sind sich einig, dass der Klimawandel von Menschen gemacht ist." Dennoch bekämen die drei Prozent der Wissenschaftler, die zu anderen Einschätzungen kämen, genauso viel Raum. Das sehe man kritisch. Eickenberg ist sich bewusst, dass es für Probleme wie den "Islamischen Staat" oder die Flüchtlingsproblematik keine einfachen Antworten gibt. Stattdessen wolle man in einem ersten Schritt diskutieren, was getan werden könnte. "Perspective Daily" wolle damit den klassischen Journalismus vor allem ergänzen.

"Perspective Daily" finanziert sich über Mitgliedsbeiträge. Für 60 Euro im Jahr haben die Leser Zugriff auf die Seite. Die Artikel können sie abrufen und kommentieren, zudem teilen. Eine Kampagne, bei der sich mindestens 12.000 Interessierte als künftige Mitglieder registrieren sollten, wurde im März 2016 erfolgreich abgeschlossen. Inzwischen gibt es mehr als 14.000 Mitglieder. Seit Februar 2015 arbeitete das Team an der Realisierung des Projektes, das in Deutschland Pionierstatus hat. Die Redaktion plant, einen Beitrag pro Tag zu veröffentlichen.

Eickenberg und sein Team setzen verstärkt auf den "hybriden Autor", der zugleich Journalist und Spezialist auf einem Gebiet ist. Urner und Langeslag sind promovierte Neurowissenschaftler, Eickenberg hat seine Doktorarbeit in Physik geschrieben. Alle drei haben Erfahrungen im Journalismus gesammelt, aber keine klassische journalistische Ausbildung wie ein Volontariat absolviert.