Integration bleibt Zankapfel zwischen Bund und Ländern
Erst Zoff um die Herkunftsstaaten, dann um Kosten, jetzt noch Kritik am Integrationsgesetz: Der Graben zwischen Bund und Ländern in der Flüchtlingspolitik wird tiefer. Bis zum 8. Juli soll es einen Kompromiss geben.

Berlin (epd). In der Asyl- und Integrationspolitik wird die Kompromisssuche zwischen Bund und Ländern immer schwieriger. Am Freitag - kurz nach dem Scheitern erneuter Finanzverhandlungen zwischen beiden Seiten - wurde im Bundesrat deutliche Enttäuschung über die Bundesregierung laut. Die Länderkammer beriet erstmals auch das Integrationsgesetz der Bundesregierung und forderte Korrekturen.

Zudem bleibt der Streit über die Erweiterung der Liste sicherer Herkunftsstaaten auch weiter ungelöst. Der Bundesrat vertagte die Abstimmung. Ob in weiteren Gesprächen eine Mehrheit für das Gesetz gefunden wird, blieb zumindest am Freitag weiter ungewiss.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) kritisierte am Freitag das Scheitern der Gespräche am Vorabend im Kanzleramt. Zum wiederholten Mal hatten die Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vertretern ihres Kabinetts dort über die Aufteilung der Integrationskosten verhandelt. Am Ende gab es lediglich "Teilergebnisse", wie Merkel sagte. Einig wurden sich Bund und Länder bei den Kosten für Unterkunft und Heizung bei Flüchtlingen. Umstritten blieben der Beitrag für unbegleitete Minderjährige und die von den Länder geforderte Integrationspauschale.

Sellering rügt "kleine Fortschritte"

Sellering kritisierte, der Aufwand sei jeweils groß, die Fortschritte seien aber klein. Der Bund dürfe die Länder nicht weiter hinhalten. Auch Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) verlangte ein "klares Signal" der Bundesregierung.

Vereinbart wurde am Donnerstagabend ein weiteres Spitzengespräch bis zum 8. Juli, dem letzten Tag vor der parlamentarischen Sommerpause. Zunehmend wird deutlich, dass es dabei nicht nur um Kosten gehen wird. Die Länder erklären inzwischen auch das Integrationsgesetz zur Verhandlungsmasse in den festgefahrenen Gesprächen. Zudem könnte das Gesetz zur Einstufung der Maghreb-Staaten Tunesien, Algerien und Marokko Teil eines Gesamtdeals werden.

Beim Integrationsgesetz sprachen sich die Länder am Freitag für Veränderungen aus. Sie fordern, auch für Flüchtlinge die üblichen 1,05 Euro bei Arbeitsmaßnahmen als Aufwandsentschädigung zu zahlen anstatt des geplanten abgesenkten Satzes in Höhe von 80 Cent. Mehrheit fand auch ein Antrag aus Mecklenburg-Vorpommern gegen eine rückwirkende Anwendung der geplanten Wohnsitzzuweisung für anerkannte Flüchtlinge. Sellering argumentierte, es sei nicht sinnvoll, Flüchtlinge zwangsweise umzusiedeln, wenn sie bereits in der Gegend eingebunden seien. Insgesamt fordert der Bundesrat mehr als 30 Änderungen im Detail am Integrationsgesetz. Nun muss die Bundesregierung Stellung nehmen.

Verhandlungen sollen umgehend fortgesetzt werden

Schon "in den nächsten Tagen" sollen die Verhandlungen über das Gesetz zu sicheren Herkunftsstaaten weitergehen, wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin sagte. Die Regelung hat das Ziel, Asylbewerber aus den Maghreb-Staaten leichter ablehnen und schneller zurückschicken zu können. Die Grünen haben Bedenken und drohten im Bundesrat das Gesetz zu kippen. Den Stopp des Gesetzesvorhabens verhinderten die Länder, indem sie die geplante Abstimmung kurzfristig wieder von der Tagesordnung der Bundesratssitzung am Freitag nahmen.

Während Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) im ARD-"Morgenmagazin" Zustimmung zu dem Gesetz signalisierte, forderte Grünen-Parteichefin Simone Peter im Bayerischen Rundfunk, über Alternativen zu dem Konzept sicherer Herkunftsstaaten nachzudenken. Bei Verbänden nährte die vertagte Abstimmung die Hoffnung, dass das Gesetz endgültig scheitert. Das Gesetz könne jetzt noch einmal kritisch diskutiert werden, sagte Caritas-Präsident Peter Neher. Pro Asyl appellierte an die Länder, sich nicht auf "faule Kompromisse" einzulassen.