Die Heilige Schrift nach Martin Luther ist die klassische deutsche Bibelübersetzung und der kirchenamtliche Text der Evangelischen Kirche in Deutschland. In der Fassung von 1545 war sie bis ins 19. Jahrhundert in Deutschland die "Volksbibel". Überarbeitete Fassungen von 1892 und 1912 setzen sich jedoch nicht durch. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es Bestrebungen, den Luthertext stärker an der Gegenwartssprache zu orientieren. Die revidierte Lutherbibel von 1975 stieß jedoch auf breite Kritik, da sie sich weit von der Sprache Luthers entfernt hatte. Erst die revidierte Fassung von 1984, die an vielen Stellen zur Diktion Luthers zurückkehrte, beendete den Bibel-Streit. 1999 wurde sie an die neue Rechtschreibung angepasst. Die EKD als Herausgeber beschloss 2010, die Lutherbibel erneut im Lichte neuer Forschungserkenntnisse in Theologie und anderen Disziplinen zu überprüfen.
Die Veröffentlichung der revidierten Lutherbibel gilt als einer der Höhepunkte des Reformationsjubiläums 2016/17. Nach Angaben der Deutschen Bibelgesellschaft haben über fünf Jahre lang rund 70 Theologinnen und Theologen den Text intensiv geprüft und, wo nötig, überarbeitet. Ziel war, eine größere sprachliche Genauigkeit herzustellen und gleichzeitig der Sprachkraft Martin Luthers gerecht zu werden.
Die neue Lutherbibel ist dem evangelischen Altbischof Christoph Kähler zufolge näher an der Sprache des Reformators als frühere Übersetzungen. "Wir kehren oft zu Luther zurück, die Sprache und Poesie Luthers soll erkennbar bleiben", sagte der frühere Thüringer Landesbischof und Leiter des Lenkungsausschusses zur Durchsicht der Lutherbibel. Kähler, der für die sprachliche Überarbeitung verantwortlich ist, nannte als Beispiel einen Vers aus Psalm 42. In der neuen Lutherbibel heißt es jetzt wieder: "Wie ein Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele Gott zu Dir". Bei der Bibelrevision aus dem Jahr 1984 war am Versanfang schreien durch lechzen ersetzt worden.
Bei der Revision sind neue Erkenntnisse der Bibelwissenschaften berücksichtigt worden. Deutliche Eingriffe haben die Bibelrevisoren bei den Apokryphen, also den Texten, die nicht zum biblischen Kanon zählen, vorgenommen. Die neue Übersetzung dieser Schriften basiert nun auf verlässlicher wissenschaftlicher Grundlage. Schätzungen zufolge weist die neue Lutherbibel im Alten und Neuen Testament rund 12.000 veränderte Bibelverse auf.
In beiden großen Kirchen kommen in diesem Jahr die Überarbeitungen der Heiligen Schrift zum Abschluss. Zum Reformationstag 2016 wird die neue Lutherbibel offiziell mit Gottesdienst und Festakt eingeführt, sie löst dann die Fassung von 1984 ab. Auf katholischer Seite soll bis dahin die Überarbeitung der Einheitsübersetzung vorliegen. Zu ökumenischen Anlässen können und sollen beide Übersetzungen genutzt werden.