Berlin (epd). Das Gesetz zur Erweiterung der Liste sicherer Herkunftsstaaten droht weiter zu scheitern. Am Mittwoch zeichnete sich kein Kompromiss ab zwischen der Bundesregierung, die das Gesetz will, und den Grünen, die im Bundesrat dagegen stimmen wollen. Die Gespräche liefen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Die Bundesregierung hoffe noch auf Zustimmung in der Länderkammer. Parallel zu dieser Debatte treten die Länder mit neuen Finanzforderungen bei der Integration von Flüchtlingen auf den Plan. Am Donnerstag treffen sich die Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Kritik von Menschenrechtlern
Für die von der großen Koalition geplante Einstufung von Marokko, Algerien und Tunesien als sichere Herkunftsländer müssten am Freitag mindestens drei von Grünen mitregierte Länder im Bundesrat für das Gesetz stimmen. Die Bündnisgrünen lehnen die Regelung aber mit Verweis auf die dortige Menschenrechtslage ab. Ziel der bereits vom Bundestag verabschiedeten Regelung ist es, Asylantragsteller aus diesen Staaten einfacher abzulehnen und schneller zurückzuschicken.
Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin hat die von seiner Partei mitregierten Bundesländer aufgerufen, nicht zuzustimmen. "Homosexualität wird in allen drei Ländern mit Gefängnis bestraft, es kommt zu Verfolgung von Journalisten und Oppositionellen und in einigen Polizeistationen wird Folter als normales Mittel der Beweisführung angesehen", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwochsausgaben).
Noch kein von den Grünen mitregiertes Land hat bislang Zustimmung signalisiert. Auf sie sind die schwarz-rot regierten Länder und Bayern angewiesen, die zusammen nur 20 der nötigen 35 Stimmen im Bundesrat haben. Mit den Grünen in den Ländern verhandelt Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU). Im Gespräch war unter anderem das Angebot, Homosexuelle unter einen besonderen Schutz zu stellen. Bei Menschenrechtlern stößt das auf Ablehnung. "Staaten zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären und gleichzeitig Ausnahmen für einzelne, von diesen Staaten systematisch verfolgte Gruppen zu schaffen, ist absurd", erklärte Pro Asyl.
Verhandlungen am Donnerstag
Während Altmaier nun um einen Kompromiss bis zur Bundesratssitzung ringt, dringen die Länder zusätzlich erneut auf eine größere Unterstützung des Bundes bei der Integration von Flüchtlingen. Am Donnerstag sollen die im April begonnenen Verhandlungen zwischen den Ministerpräsidenten und Bundeskanzlerin Merkel weitergehen. Dafür liegt ein im Grundsatz zwischen dem Kanzleramt und den Staatskanzleien der Länder abgestimmter Vorschlag vor, über den zuerst die "Rheinische Post" (Mittwochsausgabe) berichtete und der auch dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt.
Demnach ist der Bund bereit, in diesem Jahr rund zwei Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Der Beitrag zu den Kosten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge soll für 2016 demnach von 350 Millionen Euro auf eine Milliarde Euro angehoben werden. Zudem will er die Kosten für Unterkunft und Heizung bei Flüchtlingen im Sozialleistungsbezug komplett übernehmen. Für 2016 würde das Mehrkosten von 400 Millionen Euro bedeuten. Mit einer weiteren Milliarde Euro rechnet er durch die sogenannte Spitzabrechnung, bei der die vom Bund geleistete Vorausleistung für Flüchtlinge mit den tatsächlichen Zahlen bei Ländern und Kommunen abgeglichen werden soll.
Gestritten wird noch über eine sogenannte Integrationspauschale. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) forderte am Mittwoch eine solche Pauschale pro anerkanntem Flüchtling. Bislang zahlt der Bund für Flüchtlinge im Verfahren bis zum Asylbescheid eine Pauschale in Höhe von 670 Euro pro Monat und Asylbewerber. Die Länder verlangen aber auch über diese Dauer hinaus Unterstützung.