Berlin (epd). Wenn der Bundestag keine eigene Regelung finde, gelte die weiterreichende EU-Verordnung, sagte Gröhe am Donnerstag in Berlin. "Das möchte ich nicht." Der Gesetzentwurf, den er eingebracht habe, schütze die Rechte der Patienten deutlich stärker als das EU-Recht.
Dieser Zusammenhang werde ein der gegenwärtigen Debatte um den Gesetzentwurf vielfach übersehen, kritisierte Gröhe. Der Bundestag sollte das entsprechende Gesetz an diesem Donnerstag verabschieden. Die Abstimmung wurde aber wegen der Kritik verschoben. Gröhe appellierte an die Koalitionäre, einen Kompromiss zu suchen: "Wir sind uns doch alle einig, dass der Schutz und der Wille des Einzelnen zu jeder Zeit an erster Stelle stehen muss."
Streit über Zustimmung
Die strittigen Regelungen, die Teil eines Arzneimittel-Gesetzes sind, sehen vor, dass Demenzkranke auch dann an Studien teilnehmen können, wenn sie nicht mehr in der Lage sind zuzustimmen und selbst keinen Nutzen von den Tests haben. Voraussetzung soll sein, dass sie dies in gesundem Zustand in einer Patientenverfügung ermöglicht haben. Entscheiden soll dann ihr rechtlicher Betreuer. Medikamententests an Menschen, die von Geburt an behindert sind, sowie an Kindern bleiben ausgeschlossen.
Seitens der EU ist lediglich vorgesehen, dass der rechtliche Betreuer eines Demenzkranken die Einwilligung zur Teilnahme geben muss. Es geht dabei um sogenannte gruppennützige Studien, also Medikamententests, von denen nicht die Studienteilnehmer, sondern bestenfalls künftige Patienten einen Nutzen haben.
Proteste aus allen Fraktionen
Dagegen gibt es Proteste der beiden Kirchen, von Sozial- und Behindertenverbände sowie von Abgeordneten aller Fraktionen. Teile der Union und der SPD befürworten Gröhes Entwurf aber auch. Die Grünen und die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Christine Lambrecht, haben gefordert, für die Abstimmung des Fraktionszwang aufzuheben.
Die SPD-Abgeordnete und Kirchenbeauftragte ihrer Fraktion, Kerstin Griese, begrüßte, dass die Abstimmung verschoben wurde. Sie sei davon überzeugt, "dass die Gesetzesvorlage im Widerspruch zu wichtigen ethischen Grundsätzen steht". Griese appellierte an die Abgeordneten, den überparteilichen Konsens im Parlament nicht aufzugeben, wonach Arzneitests an nicht einwilligungsfähigen Personen nur dann hinnehmbar sind, wenn sie selbst einen Nutzen davon haben.