Berlin (epd). Vielmehr hänge die Stärke der Rechtspopulisten mit der "fehlenden Anerkennung" vieler Ostdeutscher zusammen, heißt es in einem Thesenpapier, das der Chef der Linken-Bundestagsfraktion, Dietmar Bartsch, am Montag in Berlin vorstellte.
"An der Flüchtlingsfrage entzünden sich nur die bestehenden innerdeutschen sozialen Konflikte", heißt es in dem Papier, dass die Linke zu einer "Ostdeutschland-Anhörung zu wirtschaftlichen Chancen und sozialem Zusammenhalt in der Flüchtlingsfrage" vorgelegt hatte. Gesellschaftlicher Friede könne nur über soziale Sicherheit und Anerkennung erreicht werden. Unsichere Biografien, Ideologieverlust und das Gefühl der Demütigung seien Symptome einer nach wie vor tiefen Ost-West-Spaltung.
Unzureichende Lehrpläne
Laut Linkspartei haben auch viele Ostdeutsche Erfahrungen mit Abwanderung und Binnenmigration. Dabei seien für den Osten Deutschlands "diejenigen Geflüchteten, die bleiben, ein Segen". Der Osten sei auf Zuwanderung angewiesen. Als Beispiele werden dabei der Fachkräftemangel, unbesetzte Ausbildungsplätze, der Wohnungsleerstand, Abwanderung und die Rettung von Schulstandorten genannt.
Neben der Ostbeauftragten der Bundesregierung, Staatssekretärin Iris Gleicke (SPD), war auch der frühere Bürgermeister von Tröglitz (Sachsen-Anhalt), Markus Nierth, bei der Anhörung der Linkspartei dabei. Ein Jahr nach Ankunft der ersten Flüchtlinge in Tröglitz rief Nierth dazu auf, in der Flüchtlingsdebatte die schweigende Mitte zurückzugewinnen.
Soziale Gerechtigkeit als politisches Ziel allein reiche nicht aus, sagte Nierth. Nötig sei wieder mehr Mitmenschlichkeit in der Gesellschaft. "Emotionale Bildung bleibt bislang auf der Strecke", sagte Nierth mit Blick auf die seiner Ansicht nach unzureichenden Lehrpläne für die Schulen.
Für Engagement ausgezeichnet
Mit Blick auf den Zuspruch für Rechtspopulisten sagte der Theologe weiter, Grund dafür seien eigentlich nicht die Flüchtlinge, sondern die "Unbarmherzigkeit der Gesellschaft": "Die Flüchtlinge sind nur der Anlass, nicht der Grund", sagte der ehemalige Bürgermeister von Tröglitz.
Nierth hatte überregionale Bekanntheit erlangt, als er im März 2015 sein Amt als ehrenamtlicher Bürgermeister niederlegte, weil er sich wegen Konflikten um eine Flüchtlingsunterkunft von Rechtsextremisten bedroht sah. Am 7. Juni 2015 kamen dann die ersten Flüchtlingsfamilien in den Ort. Nierth wurde im Mai für sein Engagement gegen Rechtsextremismus mit dem Karl-Steinbauer-Zeichen der evangelischen Pfarrbruderschaft ausgezeichnet.