Kühlbox mit Spenderorgan
© J. Rey/DSO/epd-bild
Eine Kühlbox mit einem Spenderorgan steht während einer Operation in einem OP. Seit Jahren fehlt es an Spender-Organen.
Pro und Kontra: Organspende
Heute ist Tag der Organspende. Kaum ein medizinisches Thema verunsichert so sehr: Viele sind hin- und hergerissen zwischen Mitgefühl für die Betroffenen und Angst, man könnte als Spender voreilig für tot erklärt werden. Argumente im Überblick.
02.06.2016
epd
Von Barbara Driessen (epd)

Frankfurt a.M. (epd).

PRO

In Deutschland warten mehr als 10.000 schwer kranke Menschen auf ein Spenderorgan. Viele können nur mit einem neuen Organ überleben. Die meisten Betroffenen, rund 8.000 Menschen, warten auf eine neue Niere. Zwar können sie oft über Jahre hinweg am Leben erhalten werden. Ihre Lebensqualität ist aber stark eingeschränkt, weil sie ständig zur Blutwäsche, der Dialyse, müssen. Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organspende beträgt die durchschnittliche Wartezeit auf eine Nierentransplantation sechs bis sieben Jahre. Statistisch gesehen sterben in Deutschland jeden Tag drei Patienten, während sie auf ein Spenderorgan warten.

Diesen Menschen zu helfen, halten Befürworter für moralisch. In einer gemeinsamen Erklärung formulierten die katholische Deutsche Bischofskonferenz und der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland 1990: "Aus christlicher Sicht ist die Bereitschaft zur Organspende nach dem Tod ein Zeichen der Nächstenliebe und Solidarisierung mit Kranken und Behinderten."

Für die Organspende spricht außerdem, dass sie ökonomisch sinnvoll ist: "Obwohl eine Nierentransplantation 50.000 bis 65.000 Euro kostet, verursacht sie bereits nach zwei Jahren weniger Kosten für das Gesundheitswesen als eine über Jahre andauernde Dialysebehandlung", schreibt die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie. Die Dialyse kostet zwischen 25.000 bis 50.000 Euro im Jahr.

Nach den Organspende-Skandalen in Deutschland gab es Reformen. Mehrere Skandale hatten das Vertrauen in die Transplantationsmedizin erschüttert. So wurden unter anderem Krankheitsakten gefälscht, um Patienten größere Chancen bei der Vergabe einzuräumen. Befürworter und Transplantationszentren sagen, die Reformen machten Manipulationen sehr schwierig. Nun entscheidet ein Team, nicht mehr ein Arzt, welcher Patient der Warteliste der Vermittlungsstelle gemeldet wird. Zudem kontrolliert eine bei der Bundesärztekammer angesiedelte Kommission von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen alle Herz-, Nieren- und Leberzentren.

Die Tatsache, dass es in Deutschland viel zu wenige Spender gibt, begünstigt außerdem einen illegalen Organhandel in Schwellen- und Entwicklungsländern. Menschen, die dringend Geld brauchen, erklären sich dort zur einer Organentnahme bereit und gehen damit große gesundheitliche Risiken ein.

KONTRA

Voraussetzung für eine Organspende ist der Hirntod. Zwei Fachärzte müssen den vollständigen und irreversiblen Ausfall des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstammes feststellen. Doch Kritiker nennen als Befürchtung, dass ihnen ihre Organe vorschnell entnommen werden könnten. Sie befürchten, dass Ärzte unter Zeitdruck handeln, um möglichst viele Organe verwenden zu können.

Gegner der Organspende kritisieren außerdem, dass Ärzte angehalten seien, geeignete hirntote Patienten der zentralen Vermittlungsstelle Eurotransplant zu melden und dies in aller Regel ohne das Wissen und die Zustimmung der Angehörigen geschehe. Angehörige berichten mitunter, vom Klinikpersonal zu einer Einwilligung gedrängt worden zu sein, obwohl sie unter Schock gestanden hätten. Mediziner halten dem entgegen, dass eine schnelle Entscheidung nötig sei, weil sie die Organe sonst nicht mehr transplantieren könnten.

Obwohl Mediziner die Hirntod-Diagnose als eindeutig und absolut sicher bezeichnen, bezweifeln dies Organspendegegner. Sie führen an, dass der vollständige Ausfall aller Gehirnfunktionen nicht feststellbar sei. Hirntote seien warm, ihr Stoffwechsel funktioniere, schreibt der Verein "Kritische Aufklärung über Organtransplantation". Hirntote Frauen könnten Kinder austragen. Der Verein weist zudem darauf hin, dass Hirntote vor der Organentnahme auf dem OP-Tisch festgeschnallt würden und es beim Öffnen des Körpers zu einem Anstieg von Blutdruck, Herzfrequenz und Adrenalin kommen könne - sichere Anzeichen für Stress oder Schmerz.

Angehörige kritisieren darüber hinaus, dass ihnen ein Teil der Trauerbewältigung genommen werde, da kein friedliches Verabschieden und Einschlafen im Familienkreis möglich sei.