Opposition: Schutz von Prostituierten wird nicht verbessert
Strafen, Auflagen und Anmeldepflichten: Zwei Gesetze sollen die legale Prostitution gesetzlich regeln, Auswüchse verhindern und die Zwangsprostitution bekämpfen. Die Opposition verlangt mehr Schutz für die Opfer.
02.06.2016
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Bettina Markmeyer (epd)

Berlin (epd). Die Koalition hat sich lange schwer getan mit einem Gesetz, das die legale Prostitution in Deutschland regulieren und die Prostituierten besser vor Gewalt und Ausbeutung schützen soll. Am Donnerstag wurde der Entwurf von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) nun erstmals im Bundestag debattiert. Die Opposition war unzufrieden: Die Prostituierten würden nicht besser geschützt, sondern stärker kontrolliert, lautete das Fazit. Linksfraktion und Grüne warnten vor neuen Grauzonen und mehr Illegalität.

Parallel zu dem Schwesig-Entwurf brachte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) seinen Gesetzentwurf gegen Menschenhandel, Zwangsprostitution und Zwangsarbeit ein, mit dem die Bundesregierung auch die EU-Menschenhandelsrichtlinie umsetzt - was sie eigentlich schon vor drei Jahren hätte tun müssen. Maas' Entwurf sieht unter anderem die Bestrafung von Freiern Zwangsprostituierter vor, auf die sich die Koalition im Frühjahr verständigt hatte.

Bis zu 400.000 Frauen im Gewerbe

Wie viele Prostituierte in Deutschland arbeiten, ist nicht bekannt. Nach Schätzungen sind bis zu 400.000 Frauen in dem Gewerbe tätig. Experten gehen von einer Million Freierkontakte pro Tag und 14 Milliarden Euro Umsatz im Jahr aus. Völlig im Dunkelfeld liegt der Umfang der Zwangsprostitution und der Graubereich zwischen Selbstbestimmung und Zwang.

Frauenministerin Schwesig wies in der Debatte über ihren Gesetzentwurf auf die Schwierigkeit hin, dieser Spannbreite mit gesetzlichen Regelungen zum Schutz der Prostituierten gerecht zu werden. Viele Jahre sei nichts passiert, um endlich Schluss zu machen mit Zwang, Gewalt und menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen.

Kondompflicht für Freier

Das Gesetz sieht eine Erlaubnispflicht für Bordellbetreiber, Hygiene- und Sicherheitsauflagen sowie häufigere Kontrollen und eine Kondompflicht für Freier vor, um die Arbeitsbedingungen der Prostituierten zu verbessern. Menschenunwürdige Geschäftsmodelle wie Flatrate-Bordelle werden verboten. "Es kann nicht sein, dass eine Frau für eine ganze Nacht verkauft wird", sagte Frauenministerin Schwesig.

Kritik an Anmeldepflicht

Die Opposition stört sich vor allem an der geplanten Anmeldepflicht für Prostituierte. Sie werde dazu führen, dass eine große Zahl von Frauen in die Illegalität gedrängt werde und unter noch schlimmeren Bedingungen arbeite, erklärten Linkspartei und Grüne. Die Pflicht, sich alle zwei Jahre bei den Behörden anzumelden, sei als Schutzmaßnahme völlig ungeeignet, kritisierte die Frauenpolitikerin der Linksfraktion, Cornelia Möhring.

Auch verpflichtende Gesundheitsberatungen sieht die Opposition kritisch. Der Gesetzentwurf sei "lebensfremd", sagte die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Katja Dörner. Beratungen müssten immer freiwillig und anonym erfolgen. SPD und Union versprechen sich davon hingegen, dass Prostituierte über die Beratung auch Hilfen in Anspruch nehmen und aus der Unsichtbarkeit heraustreten können.

Freier von Zwangsprostituierten müssen künftig mit Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu fünf Jahren rechnen. Nur wenn sie eine Anzeige erstatten, bleiben sie straffrei. Der Gesetzentwurf, mit dem auch die EU-Menschenhandelsrichtlinie umgesetzt wird, sieht außerdem ein schärferes Vorgehen gegen Zuhälter und Menschenhändler vor, die Menschen in Zwangsarbeit und Zwangsprostitution halten.

Änderungswünsche der Länder zu erwarten

Die Opposition begrüßte die Verschärfungen zwar grundsätzlich, warf der Bundesregierung aber vor, zu wenig für den Opferschutz zu tun. Grüne und Linksfraktion forderten ein Aufenthaltsrecht für die Opfer, unabhängig davon, ob sie in einem Strafverfahren gegen ihre Peiniger aussagen.

In der kommenden Woche wird der Bundestag Experten zu beiden Gesetzen anhören. Aus dem Bundesrat sind Änderungswünsche der Länder zu erwarten, die die Auflagen zur Regulierung der legalen Prostitution umsetzen müssen.