Berlin (epd). Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) 130 Kinder in Deutschland getötet. 81 Prozent von ihnen waren zum Zeitpunkt des Todes jünger als sechs Jahre. In 52 weiteren Fällen blieb es bei einem Tötungsversuch. In vielen Fällen seien die Täter den Opfern nahestehende Personen wie Väter, Onkel oder andere Angehörige gewesen, sagte BKA-Präsident Holger Münch am Mittwoch in Berlin anlässlich des Internationalen Kindertages. 54 der Fälle waren vorsätzliche, 68 fährlässige Tötungen. Bei weiteren acht Delikten handelte es sich um Körperverletzungen mit Todesfolge.
Besonders die Fallzahlen fahrlässiger Kindstötungen stiegen laut Münch bundesweit um 51 Prozent an. In Rheinland-Pfalz und Sachsen gab es sogar einen Anstieg von 300 Prozent, in Hessen von 500 Prozent.
Viele Taten unentdeckt
Die Fälle körperlicher Misshandlungen von Kindern sanken zwar um sechs Prozent, trotzdem wurden 2015 immer noch knapp 4.000 (3.929) Kinder körperlich misshandelt. Sexuelle Gewalt erlitten 13.929 Kinder, ein geringer Rückgang von 3,24 Prozent. Das seien fast 270 Fälle sexueller Gewalt gegen Kinder pro Woche und 38 betroffene Kinder pro Tag, sagte der BKA-Präsident. Und das seien nur die Fälle, die bekannt seien. "Wir müssen davon ausgehen, dass viele Taten unentdeckt bleiben", sagte Münch.
Nur geringe Erfolge verzeichnete die Polizei bei der Bekämpfung von Kinderpornos im Internet. Hier erfassten die Behörden 6.560 Fälle, ein halbes Prozent weniger als im Vorjahr. Kinderpornografie sei ein Massenphänomen, sagte Münch. Durch die Verbreitung im Internet werde der Missbrauch der Opfer quasi dauerhaft.
Die Deutsche Kinderhilfe fordert deshalb einen Paradigmenwechsel im staatlichen Kinderschutz. Dazu gehöre auch eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung der Jugendämter. "Kinderschutz ist keine freiwillige Wohltätigkeit, sondern originäre Pflicht des Staates", sagte der Vorstandsvorsitzende Rainer Becker.