Amnesty: Immer mehr Afghanen im eigenen Land auf der Flucht
Immer mehr Menschen in Afghanistan fliehen vor Krieg und Gewalt in andere Teile des Landes. Laut Amnesty International fehlt es vielen Menschen am Nötigsten.

London (epd). Die Zahl der Flüchtlinge im eigenen Land habe sich in den vergangenen drei Jahren auf 1,2 Millionen Menschen fast verdoppelt, erklärte Amnesty International in einem am Dienstag in London veröffentlichten Bericht. Zudem flohen rund 2,6 Millionen Afghanen außer Landes. Der Bürgerkrieg am Hindukusch geht inzwischen in sein 15. Jahr. Die radikal-islamischen Taliban gewinnen wieder an Terrain.

"Die Aufmerksamkeit der Welt scheint sich von Afghanistan abgekehrt zu haben", erklärte der Amnesty-Experte Champa Patel: "So besteht das Risiko, dass wir das Schicksal derjenigen vergessen, die in dem Konflikt alleine gelassen werden." Afghanen verlassen nach Angaben der Menschenrechtsorganisation in immer größerer Zahl ihre Häuser, um unter verheerenden Bedingungen Sicherheit in anderen Teilen des Landes zu suchen.

Internationale Spenden geschrumpft

Die Regierung in Kabul habe zwar Unterstützung für die intern Vertriebenen versprochen, doch den Menschen fehle es weiterhin am Nötigsten. Unterkünfte, Essen, Wasser, Gesundheitsversorgung und Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten für die Flüchtlinge seien mangelhaft. Immer wieder würden illegale Camps mit Gewalt geräumt und dem Erdboden gleichgemacht. Im Juni 2015 wurden bei der Räumung eines Lagers in Kabul bei einer Auseinandersetzung zwischen den Flüchtlingen und der Polizei zwei Menschen getötet und mehr als ein Dutzend verletzt.

"Wir leben meist von Brot und verdorbenem Gemüse vom Markt", wird in dem Report Ras Mohammed zitiert, ein Bewohner des Chaman-i-Babrak-Camps in Kabul: "Das letzte Mal, dass wir Lebensmittelhilfen bekommen haben, war im letzten Winter, als wir drei Säcke Weizen bekamen."

Nach dem Ende des Nato-Kampfeinsatzes am Hindukusch im Dezember 2014 schrumpften auch die internationalen Spenden für Afghanistan. Die Vereinten Nationen haben für 2016 um 393 Millionen US-Dollar für das südasiatische Land gebeten - die geringste Summe seit Jahren. Dennoch war der Appell im Mai mit weniger als 25 Prozent stark unterfinanziert.