Brüssel (epd). Nach den ergebnislosen EU-Beratungen über das umstrittene Pflanzengift Glyphosat könnten die Mitgliedstaaten schon in Kürze dazu angehalten sein, alle Glyphosat-haltigen Produkte zu verbieten. "Wenn vor dem 30. Juni keine Entscheidung getroffen wird, wird Glyphosat in der EU nicht länger erlaubt sein und die Mitgliedstaaten werden die Genehmigungen für alle Glyphosat-basierten Produkte zurückziehen müssen", sagte ein Sprecher der EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel.
Zuvor war der zuständige Ausschuss ohne Abstimmung über die Neuzulassung auseinandergegangen. Die Bundesregierung ist in der Frage uneins und hatte sich deshalb nicht auf eine klare Linie für ihren Vertreter in dem Ausschuss einigen können.
Keine klare Linie
In dem Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel hatten am Mittwoch und Donnerstag die Vertreter der EU-Kommission und der 28 Mitgliedstaaten getagt und über die Verlängerung der Ende Juni auslaufenden Lizenz beraten. Die EU-Kommission, die in dem Gremium den Vorsitz führt, ist für die Zulassung. Dafür benötigt sie aber das Einverständnis der Mitgliedstaaten. Dieses war offensichtlich nicht absehbar.
Dem Vernehmen nach hatte es nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Hauptstädten noch keine klare Linie gegeben. Offen ist nun, wie die EU-Kommission weiter vorgeht, ob sie die Neuzulassung weiter betreibt oder angesichts des Drucks aus Politik und Öffentlichkeit einfach auslaufen lässt.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) sagte am Donnerstagnachmittag in Berlin, die EU-Kommission habe "die Möglichkeit einer befristeten Verlängerung der aktuellen Zulassung zur Überbrückung bis zu einer abschließenden Abstimmung ins Gespräch gebracht". Diesen Vorschlag wolle man nun prüfen. Schmidt bekräftigte, dass auf Basis aller vorliegenden Erkenntnisse bei einer sachgerechten Anwendung keine Zweifel an der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Glyphosat bestünden: "Es gibt keinen wissenschaftlichen Dissens."
Schwächt EU-Wettbewerbsfähigkeit
Während die Union für die Neuzulassung des Unkrautvernichtungsmittels ist, ist die SPD dagegen. Die Sozialdemokraten begrüßten am Donnerstag, dass die Entscheidung vorerst verschoben wurde. "Solange nicht eindeutig geklärt ist, ob dieses Unkrautvernichtungsmittel gesundheitsschädlich ist oder nicht, darf Glyphosat nicht wieder zugelassen werden", erklärte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Christine Lambrecht.
Greenpeace urteilte, der Ausgang der Sitzung sei keine Überraschung. Schließlich habe die EU-Kommission die Bedenken unabhängiger Wissenschaftler, Europaabgeordneter und der europäischer Bürger ignoriert.
Die Arbeitsgemeinschaft Glyphosat hingegen kritisierte den Ausgang. "Die Unfähigkeit, den Re-Registrierungsprozess ordnungsgemäß und innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens durchzuführen, untergräbt letztendlich die Glaubwürdigkeit des EU-Rechtssystems und schwächt die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft", erklärte die Arbeitsgemeinschaft, zu der Monsanto und andere Glyphosat-Unternehmen gehören.
Glyphosat wird seit den 70er Jahren als Pflanzenschutzmittel benutzt und kommt rund um die Welt zum Einsatz, vor allem in der konventionellen Landwirtschaft. Der Stoff steht aber bei Kritikern im Verdacht, krebserregend zu sein. Wissenschaftliche Untersuchungen kommen in diesem Punkt zu teils widersprüchlichen Ergebnissen.